„The Skriker“ – Botschafterin des Untergangs

Choreografien, Musik und Leinwandprojektionen machen das Theaterstück „The Skriker“ zu einem cross-medialen Schaufeuer der Theaterkunst.Vom 22. Januar bis zum 24. Januar wird es jeweils um 19:50 Uhr im Schlachthaus aufgeführt.

Entlang einer Wendeltreppe, vorbei an grau-matten Spiegeln, führen die Stufen im Schlachthaus dieses Mal nicht nach oben sondern nieder, ins Dunkle, ins Abgründige. „The Skriker“, das am Montag aufgeführte Stück der Spielgruppe „Wolfsbühne“ nimmt den Zuschauer an die Hand, um ihn der Unterwelt zu übergeben. Der Märchen-Thriller von Charyl Churchil erzählt die Geschichte zweier Schwestern, die von einer uralten Fee verfolgt werden.

Maskenbildnerin Viola Melhuish bereitet Eric Lochmann optisch auf die Rolle des Skriker vor.

Treffsicher in der Wirkung, furchterregend und kraftvoll greifen einzelne Momente nach dem Betrachter: Da sitzt ein viergespaltener Dämon, eine Fee, ein Geist, ein Etwas zwischen Mensch und Abgrund am Tisch und verzehrt das Fleisch eines Kindes, trinkt Blut aus Babyflaschen und ergötzt sich an all dem Bösen, all dem Kranken, das sich der Vorstellungskraft ermächtigt. Tanzend und jubelnd prophezeit Skriker den Untergang, während eigens für das Stück komponierte Musik ihre teils satanischen Choreographien untermalt.

Zwei verlorene Schwestern

Die Schwestern sind im Hin und Her von Wünschen und Ängsten den schicksalsverlorenen Verführungen eines Dämons verfallen. Skriker spielt sie aus, mal gegeneinander, mal jede gegen sich selber, macht jede zur Fremden. Lilly besucht Josie in der Psychiatrie: Josie versucht Lilly zu erklären, was sie sieht, welch Geister und Hexen ihr in den Fluren und Gängen des Gebäudes, in jedem Spiegel und hinter jedem Sofa erscheinen, welch üble Gestalten sie quälen und an ihr nagen. Lilly versteht sie nicht, will es nicht. Skriker, Botschafterin des Untergangs, hat ihren Keil tief zwischen sie geschlagen. Jede der Szenen, in denen diese Schwestern einander begegnen, ist ein Scheitern. Verständnislos für den anderen greifen sie nacheinander und doch berühren sie sich nie. Sie sind verloren, denn was die eine Wimpernschlag nennt, ist der anderen ein Äon voll Leid. Während Lilly fröhlich flaniert, entführt Skriker ihre Schwester, ganz ohne Lärm, völlig selbstverständlich, in die finstre Unterwelt, ins märchenhaft Grauenvolle.

Frieder Anders setzt dem Wahnsinn des Skriker mehr als einen drauf. Der Schauspieler verschwindet hinter dem Irrsinn einer bösartigen Fee.

Hoffnung und Niedergang

Was will dieses Stück sagen? Was passiert vor meinen Augen? Ist es Wahres oder Wahr-genommenes? Ein kleines Kind, unschuldig spielt es mit einem Faden in der Hand, sitzt und grinst vor sich hin. Mit Leichtigkeit gewinnt es das Herz einer jungen Frau, zaubert ein Lächeln in ihr Gesicht, schließt Freundschaft mit ihr. Es nennt die Frau seine Spielmutter, fragt nach Essen, fragt nach Süßem. Das Spiel des Kindes soll der Frau den Gang in die Hölle bedeuten. „Ich hoffte, ich könnte die Weltlichen retten, ich hoffte, ich könnte die böse Fee besser machen“, wird die Frau, ihrem Ende nahe, sagen. Aufgebrochen wird jede Grenze zwischen der furchterregenden Grausamkeit eines Dämons und der liebreizenden Unschuld eines Kindes.

Sophie Hess spielt Skriker in der Unterwelt.

Das Stück endet mit den Worten: „Und sie ward Staub, trockener Müll“. Fragen bleiben: Schuld und Unschuld, gibt es das überhaupt? Skriker ist Kampf, ist Gram, ist Verlust. Gut und Böse, keine wesentlichen, sondern nur noch graduelle Unterschiede in der Mimik eines Schauspielers, eines Kindes, eines Dämons. „The Skriker“ – ein Stück, wie Tanzen zwischen quakenden Fröschen und zischenden Schlangen, von dröhnender Prophezeiung umhüllte Melancholie. Abgrund, auf den hingewiesen wird.

Die Schauspielgruppe Wolfsbühne tritt vom 22. Januar bis zum 24. Januar jeweils um 19:50 Uhr im Schlachthaus auf. Einlass ab 19:00 Uhr. Tickets können direkt vor Ort gekauft oder über E-Mail reserviert werden: Wolfsbühne@gmail.

Fotos: Marko Knab

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