Vorhang auf für einige der Menschen, die im Hintergrund dafür sorgen, dass der Unibetrieb rund läuft und Studierende und Dozenten einen möglichst angenehmen Unialltag erleben. Kupferblau hat sie getroffen: Bibliothekarinnen und Hausmeister, Cafeteria-Mitarbeiterinnen und Medientechniker. Heute im Interview: die Bibliothekarinnen Randi Knorr und Heike Mattheis. Ein Gespräch über den Wandel der Bibliothek, die Digitalisierung und Studierende, die den ‚Waschsalon‘ suchen.

Sie haben die Wahl: zuerst das Buch, oder den Film?


Knorr: Lieber lesen!

Mattheis: Ich würde Film sagen. Wenn ich zuerst das Buch lese und dann den Film schaue, bin ich meistens enttäuscht, dann habe ich schon mein Bild im Kopf. Und wenn ich zuerst den Film schaue, lasse ich das Buch lieber ganz weg.

Drei persönliche Buchempfehlungen, – was sollten Studierende lesen?


Knorr: Auf jeden Fall Umberto Eco, „Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt“ und „Altes Land“ von Dörte Hansen, das ist der schönste Roman den ich seit langem gelesen habe!

Mattheis: Mir fällt da spontan der „Räuber Hotzenplotz“ ein, den habe ich gerade meinen Kindern vorgelesen (lacht).

Assoziieren Sie: „Studierende und Hausarbeit“


Mattheis: Zu spät dran! (lacht)
Knorr: Probleme bei der Literaturrecherche.

Sie arbeiten beide in der Informationsabteilung. Was sind Ihre Aufgaben? Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitsalltag aus?


Knorr: Zunächst mal bin ich dafür zuständig, dass im gesamten Ammerbau und in der Waschhalle alles rund läuft. Wir kümmern uns um Reklamationen, geben Mängel weiter, damit Bauanträge gestellt werden, – im Ammerbau ist ja leider vieles renovierungsbedürftig. Außerdem arbeite ich an der Informationstheke im Ammerbau. Zurzeit sind wir vor allem mit Bestandsarbeiten beschäftigt.

„Im Moment haben wir leider ein bisschen Platzmangel und versuchen möglichst viel Platz für neue Bücher und noch mehr Sitz- und Arbeitsplätze zu schaffen.“

Schulungen und Führungen sind ebenfalls ein großer Teil meiner Arbeit. An die 60 Schulklassen führen wir jährlich durch die Bibliothek und geben Kurse für Studierende. Und zu Semesterbeginn führen wir natürlich die Erstis durch die Bib.

In der Klausurenphase kommen im Monat über 200.000 Menschen in die Bibliothek, die sich in den Gebäuden zurechtfinden müssen, Bücher ausleihen wollen und einen ruhigen Lernort suchen. Die Bibliothekarinnen stehen den Besuchern hier unterstützend zur Seite.


Mattheis: Ich bin Ausbildungsverantwortliche für unseren momentan einzigen Bibliothekars-Azubi und in der Bib die Ansprechpartnerin für Studierende mit Behinderung. Ich stehe für alle Fragen zur Verfügung und versuche unterstützend für sie da zu sein, indem ich zum Beispiel Führungen oder Ruheräume organisiere. Ansonsten mache ich, wie Frau Knorr, viele Führungen und Schulungen und arbeite an der Infotheke im Hauptgebäude.

An der Infotheke spielen sich bestimmt so manche skurrilen Szenen ab, oder?


Knorr: Sicher, z.B. ist es lustig, wenn Studierende den Weg in den „Bonanza-Bau“ (Bonatzbau) oder in den „Waschsalon“ (Alte Waschhalle) suchen! Die Jüngeren fragen ständig nach Handy-Ladekabeln und die Älteren kommen auch mal im Bademantel angeschlappt und erzählen Anekdoten aus dem Leben. Da haben wir schon so Einiges erlebt!

Mattheis: Was vor der Infotheke im Hauptgebäude leider ganz oft passiert ist, dass viele Besucher lautstark mit dem Handy telefonieren, stundenlang und in allen Sprachen der Welt. Es ist einfach unangenehm, wenn man dann ungewollt in die Privatsphären eindringt, weil man alles mithört.

Knorr: Ich muss auf dem Heimweg immer Musik in die Ohren tun, weil ich denke, wenn ich jetzt unfreiwillig noch ein Handygespräch mithören muss, dann schrei ich (lacht).

Im Magazin der Universitätsbibliothek, das für die Besucher nur bei Führungen zugänglich ist, stehen vor allem alte Bücher und Bücher in großen Formaten.

Frau Knorr, Sie arbeiten seit 1993 in der UB. Wie hat sich der Beruf der Bibliothekarin durch die Digitalisierung verändert?


Knorr: Mit der Etablierung des Internets brauchte man viele Nachschlagewerke nicht mehr. Meine Kolleginnen und ich gehörten damals ganz zu den „Herrinnen des Wissens“, weil wir den Studierenden schlaue Bücher aus den Regalen zogen und zum Beispiel sagten: „Hier finden Sie alle Adressen von ausländischen Krankenhäusern, wenn Sie ein Auslandssemester machen wollen.“ Und die Medizinstudenten dann so: „Wow!“. Mittlerweile beschäftigt sich ein ganzes Team mit Lizenzverträgen von eBooks und meine Kolleginnen machen sogar Smartboard-Schulungen.

Mattheis: Ich denke aber, dass auch die tollsten E-Reader und Tablets die gedruckte Literatur nie ersetzen werden. Für mich ist das immer am eindrücklichsten, wenn die Studierenden, also die Digital Natives, am Anfang des Semesters zu uns kommen und sich die ganze Online-Literatur ausdrucken. Richtiges Lernen und Lesen geht halt immer noch über Papier.

Und das Uni-Leben in der Bibliothek, hat sich das auch verändert?


Knorr: Extrem verändert hat sich, dass die Bibliothek nun zu einem richtigen Lernort geworden ist, zu dem die Studierenden kommen, um sich zu Hause nicht durch die tollen Serien ablenken zu lassen.

„Vor 20 Jahren war die Bibliothek noch kein ausdrücklicher Lernort, da wurde mehr zu Hause gelernt.“

Als ich meine Magisterarbeit geschrieben habe, hatte ich als Ablenkung nur die Telenovelas im Ersten oder das Putzen meiner Wohnung, da konnte man sich zu Hause noch besser konzentrieren. Wir in der Bibliothek haben auf diese Entwicklung natürlich reagiert, indem wir versuchen, für alle möglichen Bedürfnisse gute Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. In den Neunzigern war ein Sofa in der Bibliothek noch undenkbar, heute sind gemütliche Sitzsäcke und Sofaecken Standard, man möchte sich Up-To-Date halten, wenn es um die Forschung über Lernorte geht.

Die Universitätsbibliothek besitzt etwa 3,7 Millionen Medieneinheiten. Darunter sind Zeitschriften, Lehrbücher, Dissertationen und vieles mehr.

Was Sie den Studierenden schon immer Mal sagen wollten:


Mattheis: Wir sehen alles, auch die versteckten Kaffeebecher!

Knorr: Was uns noch wichtig ist, dass wir uns sehr viel Mühe mit unserem Schulungsprogramm geben und die Studierenden das gar nicht wahrnehmen, weil wir im Vorlesungsverzeichnis ganz hinten kommen. Das ist irgendwie schade und wir sind noch dabei, Lösungen zu finden.

Fotos: Friederike Streib

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