Egal, ob man aus einer größeren Stadt oder aus dem kleinsten Dorf nach Tübingen gezogen ist, oder ob man zu den wenigen Glücklichen gehört, die schon immer hier gewohnt haben – als Tübinger weiß man: Unsere Stadt ist eine Stadt für sich! Mehr Fahrradfahrer als Fußgänger, mehr Studierende als Familien und definitiv mehr Bars als Clubs. Gerade wenn man sein Studentenleben, so ganz nach dem Klischee, in vollen Zügen auskosten (beziehungsweise, trinken) möchte, fällt einem Tübingens ‚Feierkultur‘ ganz besonders auf.
Entspannt im Wohnzimmer oder doch in den Club?
Es gibt viele Menschen, die sagen, Clubs seien zu laut, zu voll, zu niveaulos und besonders für einen lockeren Abend mit Freunden überhaupt nicht geeignet. Da zieht man doch gerne die entspannte Bar mit den günstigen Preisen dem überteuerten Clubleben vor. Außerdem haben Tübinger Bars viel interessantere Namen; ich meine, was ist denn schon ein ‚Top 10‘ gegen ein ‚Wohnzimmer‘, ‚Schmitz Katze‘ oder ‚Collegium‘?
Wenn man aber gerne einmal richtig feiern will und mit ‚Feiern‘ nicht feuchtfröhliches Beisammensein am Stammtisch meint, sondern Tanzen, Ausgehen und laute Musik, dann schrumpft die Auswahl im Städtchen doch erheblich.
Ein Schaf kommt selten allein
In den Geschmack lauter Musik kommt man im Top 10, im Schaf oder im Clubhaus auf jeden Fall. Nur stellt sich hierbei die Frage nach der Qualität der Musik. Wer gerne dieselbe Musik hören möchte, die man auch im Radio hören kann, der fühlt sich im Schaf vermutlich gar nicht so unwohl. Nicht nur die Auswahl der Songs, sondern auch die Häufigkeit, mit der ein beliebtes Lied am selben Abend gespielt wird, ist ähnlich wie im Radio.
In Tübinger Clubs sollte man außerdem erst ab ca. 0 Uhr auftauchen, damit man die: „Alle müssen von ihren gemütlichen Sesseln aufstehen, damit diese auf die Seite geräumt werden und eine Tanzfläche entsteht“ – Aufbruchstimmung verpasst.
Wenn man sich dann, nach ein bis zwei Stunden, endlich in seiner Haut wohl fühlt und sich genügend Mut angetrunken hat, um das hübsche Mädchen – umzingelt von 5 Freundinnen – an der Bar endlich anzusprechen, lautet die traurige Nachricht für alle: Um drei ist hier Schluss! Übrig bleiben die, die gerne noch jemanden ansprechen würden und jene, die hoffen angesprochen zu werden. Nun habt ihr ein leichtes Spiel. Schlechter One-Night-Stand: Auf die Plätze, fertig, los!
Studentenpartys: Shoot Your Shot
Das Clubhaus ist eine ebenfalls reizende Alternative. Hier wird nicht mehr das, was aktuell im Radio läuft, gespielt. Sondern das, was man vor ungefähr einem Jahr im Radio gehört hat. Ja, genau: „Despacito“ ist noch nicht lange genug her, damit wieder alle mitsingen! Auch hier sollte man etwas später erscheinen, damit man sich um die anfängliche Nüchternheit drücken kann. Jedoch ist Vorsicht geboten: Ein zu später ‚glamouröser Auftritt‘ wird womöglich durch die sich stringent verschlechternde Musikauswahl getrübt. Hier gilt das berühmte:
„Du hast schwach angefangen, aber dann noch unheimlich stark nachgelassen“ (Zitat: Anakin Skywalker).
Außerdem gibt es im Clubhaus nur ein sehr kleines Zeitfenster in dem man dort eintreffen kann. Kommt man zu früh, steht man als Einzige/r auf der Tanzfläche, oder doch ewig in der Schlange.
Aber für alle, denen die Musik im einen Raum – diesen einen ‚Floor‘ zu nennen, wäre zu viel des Guten – nicht gefällt: Es gibt ja immer noch einen Zweiten! Wenn man schließlich (nach vier Raumwechseln) beginnt, sich etwas übermüdet zu fühlen und etwas Härteres als ein „Bier für einen Baum“ braucht, bietet es sich an den Abend im Shooters ausklingen zu lassen. Shots für zwei Euro, eine viel zu große Auswahl und ein Auswahlsystem, bei dem das Endergebnis relativ egal ist, „solange es ballert“ (Zitat – im Vorbeilaufen gehört).
Alte Bekannte
Trotz seiner Einwohnerzahl und dem Titel ‚Universitätsstadt‘, hat Tübingen irgendwie Dorfcharakter. Daher lässt es sich schlecht vermeiden, Kommilitonen, Tutoren, oder den peinlichen Zwischenfall aus dem Schaf von neulich wieder zu treffen. Diejenigen, die vom Dorf in die Stadt gezogen sind, haben dadurch einen Vorteil. Nicht nur die Trinkfestigkeit vom Trichter, sondern auch das Bewusstsein: Irgendwann triffst du ihn immer wieder. Den Flirt, den Alkohol und schlussendlich: den Kater. Mit diesem endet die Tübinger Partynacht auch schon. Vielleicht gibt es davor noch irgendwo einen Döner. Hier hat man wenigstens eine größere Auswahl. Fest steht: wenn man es wirklich unbedingt will, kann man in Tübingen feiern gehen.
Autorin: Clara Solarek
Fotos: Michelle Pfeiffer