Die Projekttage „Week of Links” gibt es schon seit einigen Jahren. Die Besonderheit dieses Semester: Es ist nicht mehr bloß eine Erstsemesterakademie, sondern für alle (Nicht-)Studierenden zugänglich. Interessierte konnten an Workshops und Vorträgen rund um das Thema Nachhaltigkeit teilnehmen, sich informieren, austauschen und diskutieren. Wir verraten euch, was an diesem Wochenende in den Unigebäuden los war.
Das Programm für die Teilnehmer begann am Freitag, und auch wer sich nicht angemeldet hatte, kam dort bereits auf seine Kosten: Um 19 Uhr fand ein Vortrag von Luise Tremel statt, die extra aus Berlin nach Tübingen angereist war. Die Harvard-Absolventin hatte sich entgegen ihrer früheren Kommilitonen nicht für das große Geld in Konzernen entschieden, sondern sich lieber Gedanken um die Zukunft des Planeten gemacht. Damit lebt sie die Prinzipien, die sie selbst an dem Abend vortrug: „Orientierung an Werten statt an Profit“. Momentan ist sie Doktorandin in Transformationsdesign und Teil der Stiftung „Futur Zwei“.
In ihrem Vortrag ermutigte sie ihre Zuhörer, sich in ihrem Umfeld bewusst umzusehen und sich die Frage zu stellen: Was kann ich gut und was kann ich damit verändern? Sie führte das Beispiel eines Bäckers auf, der bewusst regionale Bauern unterstützt und so seinen Beruf nachhaltiger ausübt. „Veränderung – da, wo man ist. Da, wo einen niemand vermutet“ – das war der wichtigste Punkt von Tremels Vortrag. Und sie appellierte an Studierende und SchülerInnen: Es sei gerade jetzt ein einzigartiger Moment für junge Menschen, etwas zu bewirken.
Ist vegan wirklich das Gelbe vom Ei? Die Teilnehmer des Youmanity-Workshops informierten sich gemeinsam über Probleme und Handlungsstrategien der Lebensmittelindustrie.
Bunte Vielfalt bei Teilnehmenden und Programm
Die Öffnung der Week of Links für Nicht-Erstsemester stieß im Allgemeinen auf breite Zustimmung. Einige Studierende aus höheren Semestern nahmen teil, da sie in ihrem ersten Semester nichts davon wussten oder verhindert waren. In den Workshops, die immer um die Mittagszeit stattfanden, wurde bald klar: Jeder hatte sich bereits intensiv damit beschäftigt, wie der eigene Alltag nachhaltiger werden kann. Dabei spielt gerade im Alltag vor allem Ernährung eine große Rolle. Speziell in diesem Bereich informierten Lena und Kined von der Hochschulgruppe Youmanity e.V. bei ihrem Workshop mit dem Titel „#raw, vegan, healthy – nachhaltig oder nur hip?“.
„Ich will meine Gedanken nicht nur für mich behalten, sondern auch darüber diskutieren“
Lena hatte als Teilnehmerin bei der Week of Links angefangen und stellte nun selbst Workshops vor. Anfänglich wäre es ihr besonders um den Austausch mit anderen gegangen und darum, Kontakte zu knüpfen. „Es geht hier um Werte, die einfach unheimlich wichtig sind“, merkte Kined außerdem an. Statt strengen Veganismus zu propagieren, informierten die beiden über Probleme in der Lebensmittelherstellung und erarbeiteten mit den Teilnehmern, welche Fischsorten beispielsweise am nachhaltigsten oder welche Biosiegel besser oder schlechter sind.
Muss ein Flüchtling seine Fluchtursache beweisen? Wenn ja, wie? Und wann darf er oder sie arbeiten gehen? In Dominik Keichers Workshop konnten alle Fragen rund um das Thema Geflüchtete gestellt werden.
Weitere Workshops waren unter anderem eine Exkursion zum Tübinger Klimagarten oder eine Präsentation zum Thema „Wer ist eigentlich Flüchtling?“ von der Refugee Law Clinic. Moment mal, könnte man sagen, wie passt Letzteres zum Thema Nachhaltigkeit? Zu nachhaltigem Leben gehört ja letztlich auch der Frieden, und so informierte Dominik Keicher am Samstag über die Rechte und Gesetzmäßigkeiten rund um Geflüchtete und zeigte, weshalb Flüchtling nicht gleich Flüchtling ist.
„Meine Kinder sollen keinen Krieg um Wasser miterleben.“
Ist ‚Tübingen‘ gleich Nachhaltigkeit?
Auch die 16jährige Theresa ließ sich das Angebot nicht entgehen. Was bringt eine Schülerin dazu, ihr kostbares Wochenende zu opfern, nur um in der Uni zu hocken? „Weil es ohne Nachhaltigkeit einfach nicht mehr geht!“. Sie sei hier, um sich zu informieren und auch ein bisschen, um in ihrer Überzeugung von Gleichgesinnten bestärkt zu werden. Denn auch in der Familie treffe sie manchmal auf Unverständnis. „Ich wurde sehr ‚tübingen‘ erzogen“, warf Theresa schmunzelnd ein. Dennoch sei beispielsweise Fleischkonsum oft ein Streitpunkt. Es wurde schnell klar: Nachhaltigkeit ist etwas, worüber Theresa sich schon mehr als einmal Gedanken gemacht hat.
Spürbar bei der „Week of Links“ war vor allem die Lust der Teilnehmer, etwas verändern zu wollen. Wie viel davon letztendlich zum Wohle des Klimas beiträgt, ist fraglich und kann natürlich niemand genau sagen. An diesem Punkt wird oft in die Debatte eingeworfen, dass ein einziger Mensch wohl kaum die Erde retten kann. Doch es gilt wohl, wie Luise Tremel es ausdrückte: Kämpfen für „Dinge, die es wert sind, ohne Sicherheit, dass es klappen wird – ohne Masterplan.“
Titelbild: Week of Links
Fotos: Leonie Müller