Flamen gegen Wallonen: In seiner Komödie „Brabançonne – Das Lied von Brabant“ zeigt der Regisseur Vincent Bal den Konkurrenzkampf zweier belgischer Bands um den Titel der besten Musikertruppe Europas. Begleitet wird die Handlung von einer verbotenen Liebesgeschichte.
„Brabançonne“ ist nicht nur der Name des Films, sondern betitelt auch die belgische Nationalhymne. Obendrein ist das „Lied von Brabant“ die gemeinsame Hymne der beiden Bands, die im Film bei einem Wettbewerb gegeneinander antreten. Sie begleitet den Zuschauer durch die gesamten Komödie – so wie die Musik im Allgemeinen: Mit den Liedern, die immer wieder zwischendurch gesungenen werden, beschreiben die Darsteller ihre Emotionen und Probleme, wobei die Liebe im Vordergrund steht. Eine Romanze zwischen zwei völlig verschiedenen Charakteren bringt jedoch – wie so oft – nicht nur Schmetterlinge im Bauch, sondern auch mächtig Unruhe mit sich.
„En Avant“ vs. „St. Cecilia“
Die Geschichte beginnt mit der ersten Begegnung beim European Grand Final. Um Belgien zu repräsentieren und die Jury zu beeindrucken, geben die Bands „En Avant“ aus Wallonien und „St. Cecilia“ aus dem flämischen Teil Belgiens alles. Vor allem die Starsolisten der beiden Bands stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Man muss kein studierter Geschichtsprofessor sein, um zu wissen, dass die französisch-sprechenden Wallonen und die niederländisch-sprechenden Flamen nicht die besten Freunde sind. Dass die Bands genau aus diesen beiden Regionen Belgiens gegeneinander antreten, verleiht dem Film von Anfang an einen reizenden politischen Beigeschmack. Dabei können sich die Zuschauer schon früh auf Konfliktsituationen einstellen, denn der oberflächliche, vorgegaukelte Respekt voreinander artet schnell in einen Streit aus.
Als zu Beginn des Films der Solist der Flamen stirbt und die Jury beide Bands aufgrund von Punktegleichheit zum Finale nach Brüssel schickt, versucht Elke (Amaryllis Uitterlinden), die taffe Tochter des flämischen Dirigenten, mit ihrer smarten Art, den gutaussehenden Mädchenschwarm und Starsolisten der Wallonen, Hugue (Arthur Dupont), für das Finale in Brüssel abzuwerben. Hugue lässt sich überzeugen – und die Probleme zwischen den beiden Bands, aber auch zwischen den Bandmitgliedern, beginnen.
Es kommt, wie es kommen muss: Die mit dem Hauptsponsor der Band verlobte Elke verliebt sich in den Womanizer Hugue, obwohl sie seine Arroganz zuvor gegenüber ihrem Ehemann in spe als widerlich betitelt hatte. Doch die Musik verbindet die zwei und so kommen sie nicht gegen ihre Gefühle an. Man verliert kurze Zeit die eigentliche Handlung des Films aus den Augen, da sie immer mehr in eine Liebesgeschichte abdriftet und der bevorstehende Wettbewerb nur noch von den beiden abhängt. Die Launen Hugues und Elkes Unentschlossenheit lassen das Liebeschaos erst richtig aufkeimen. Als es dann schließlich zum Finale kommt und die beiden Bands aufeinandertreffen, spitzt sich die Lage dramatisch zu.
Brüssel als neutraler Ort
Mit Brüssel hat der Regisseur einen passenden Ort für das Finale ausgewählt, weil in dieser Stadt beide Sprachen – Französisch und Niederländisch – gesprochen werden. Hier fühlen sich die Einwohner als Belgier und ordnen sich keiner der zwei Regionen zu. Im Film dient Brüssel als Ruhepol – als Ort, an dem mehr Harmonie als sonst zwischen Elke und Hugue herrscht. Hier verbringen sie ihre erste gemeinsame Nacht.
„With or without you, which will it be. We are different, it’s clear. Simply together“ – der Song am Ende des Films macht deutlich: Man muss nicht gleich sein, um miteinander auszukommen. Auch die sonstige Musik des Films und deren Texte sind gut gewählt, allerdings ist diese Art von musikdominiertem Film Geschmackssache. Action-Liebhaber oder Horrorfilm-Fanatiker erleben hier keine „Tarantino-Ballershow“, für Musik-Freunde oder Romanzen-Gucker ist der Film jedoch eine Empfehlung wert.
BRABANҪONNE, Belgien / Luxemburg 2014 – Regie: Vincent Bal. Buch: Vincent Bal, Pierre de Clercq. Mit: Arthur Dupont, Amaryllis Uitterlinden. 100 Min.
Text: Fabian Möbius (23) studiert Sportpublizistik im fünften Fachsemester und ist ein großer Fan von Martin Scorseses Meisterwerken.
Diese Filmkritik entstand im Rahmen des FestivalTV der Französischen Filmtage im Filmkritikworkshop von Hanne Detel, Institut für Medienwissenschaft, Uni Tübingen.
Fotos: copyright Be for films