LET’S ROCK!

Studenten, Schüler und Unternehmen meistern gemeinsam den Berufseinstieg

ROCK YOUR LIFE! ist eine Studenteninitiative, die durch Coaching und Kontaktvermittlung zu Unternehmen Hauptschülern beim Einstieg in das Berufsleben hilft. Dabei profitieren alle Beteiligten. Seit neun Monaten gibt es ROCK YOUR LIFE! auch in Tübingen.
von Veronika Wulf

Ein Student, ein Hauptschüler und Motivation von beiden Seiten. Viel mehr braucht es nicht, um eine Coaching-Beziehung bei ROCK YOUR LIFE! (RYL!) aufzubauen und damit Chancenungleichheiten in Deutschland zu verringern.
Nach dem Abschluss haben viele Schüler keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Welche Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsfelder gibt es? Wo sind meine Stärken? Kann ich auf eine weiterführende Schule gehen? Neben dem praktischen Wissen fehlt häufig das Selbstbewusstsein, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Dabei will RYL! helfen.
Das soziale Projekt wurde 2009 in Friedrichshafen von Studierenden gegründet, wo sich heute die Muttergesellschaft befindet. Inzwischen engagieren sich 1500 Ehrenamtliche bei RYL! in gemeinnützigen Vereinen an 27 Standorten in Deutschland. Seit April 2012 auch in Tübingen. Lukas Fellhauer, 22, neben Dan Hornung, 23, Vorsitzender der Ortsgruppe, hat damals RYL! in Tübingen mit initiiert. Die Gruppe zählt inzwischen 50 Mitglieder aus verschiedenen Fachrichtungen und Altersgruppen.
„ROCK YOUR LIFE! ist eine super Abwechslung zur Theorie des Studiums“, so der VWL-Student Lukas. „Es ist das Praktischste, was man überhaupt machen kann.“ Mit RYL! möchte er bestehende Parallelwelten zwischen Studenten und Hauptschülern vereinen und zwar durch die Beteiligten selbst. Wie sieht das konkret aus?
Eine Coaching-Beziehung dauert in der Regel zwei Jahre. Coach (Studierender) und Coachee (Hauptschüler) treffen sich einmal in der Woche, ohne festen Termin. Es ist keine Unterrichtsstunde oder Therapiesitzung, man verbringt seine Freizeit zusammen und überlegt gemeinsam, welche Themen für die Zukunft wichtig sind. Je nach Interesse und Bedürfnis des Schülers kann das von einfacher Nachhilfe über das probeweise Verfassen von Bewerbungsschreiben bis zum Aufzeigen von Berufsbeispielen gehen. Dabei lenkt der Studierende den Schüler nicht, sondern gibt, als Freund und neutraler Ansprechpartner auf Augenhöhe, Impulse und zeigt Möglichkeiten auf. Hausaufgaben und Bewerbungen muss der Schüler selbst schreiben – sowie Entscheidungen für die Zukunft treffen.
Die Teilnahme ist auf beiden Seiten freiwillig. „Die Schüler machen das für sich und für niemanden sonst“, erklärt Lukas. Nach den Schülerseminaren, die RYL! an den Hauptschulen veranstaltet, will meist ein Großteil der Klasse mitmachen. Beim sogenannten Matching, einer Art Speed-Dating, finden sich Schüler und Studierende zu Coaching-Paaren zusammen. Die Teams sind gleichgeschlechtlich und bezüglich Charakter und Interessen aufeinander abgestimmt.
„Wir arbeiten mit Menschen, nicht mit Produkten“, so Lukas. Meist funktioniert die Zusammenarbeit gut. Wenn nicht, kann zur Not die Coaching-Beziehung abgebrochen oder der Partner gewechselt werden. Doch man hofft, dass 70 Prozent der Teams die zwei Jahre erfolgreich durchlaufen.
Was haben die Studenten davon?
Die Studenten erhalten in dieser Zeit nicht nur eine professionelle Coaching-Ausbildung. Sie nehmen vor allem persönlich etwas mit, wie soziale Kompetenzen für das Berufsleben. „Außerdem ist es erfüllend, eigene Erfahrungen an Jüngere weiterzugeben und dabei so schnell Fortschritte zu sehen“, findet Lukas.
Finanzielle Unterstützung erhält RYL! von Stiftungen, privaten Förderern und Unternehmen. Letztere bekommen durch die Kooperation einen Zugang zu Schülern und somit Kontakt zu potenziellen Azubis. Zudem bieten manche Unternehmen Bewerbungstrainings an. Somit profitieren beide Seiten.
Das Bachelor-Master-System gilt als sehr verschult. Bleibt da überhaupt noch Zeit für ehrenamtliches Engagement? Lukas meint, die knappe Zeit sei oft nur eine Ausrede. „Wenn man das wirklich will, dann findet man auch die Zeit dafür“, sagt er. Die steigenden Mitgliederzahlen scheinen dafür zu sprechen.

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