In der packenden Mockumentary „Confusion“ kämpft die Schweizer Staatsrätin Caroline Gautier um die Aufnahme eines ehemaligen Guantanamo-Häftlings. Den beiden Regisseuren Dario Cerruti und Yacine Brahem gelingt es mit ihrem Film, den Zuschauer von Minute zu Minute mehr und mehr in den Bann zu ziehen.

„Mein Leben liegt nun in Ihren Händen.“ Der ausgemergelte Ex-Häftling schaut mit verzweifelt starrem Blick auf die Genfer Staatsrätin Caroline Gautier (Caroline Gasser), die ihn mit scheinbar kalten Augen ausdruckslos mustert. Dabei war es doch gerade sie, die sich besonders für seine Aufnahme eingesetzt hatte. Im Flugzeug herrscht Totenstille. Was in diesem Moment in Gautiers Kopf vorgeht, ist fern von alledem, was sich der traumatisierte Ex-Häftling je hätte vorstellen können.

Erstmals soll der Schweizer Kanton Genf einem ehemaligen Guantanamo-Gefangenen ein neues Leben bieten. Nach zwei Jahren politischer Debatten setzte sich die Staatsrätin Caroline Gautier endlich durch und bereitet alles für den Empfang des Ex-Häftlings vor. Die beiden Filmstudenten Dario und Yacine dürfen sie dabei begleiten, um den besonderen Tag in einem Filmbeitrag festzuhalten.

Confusion_1_(copyright_Bord_Cadre_Films)

Demonstrationen, umgelenkte Flugzeuge,  Erpressungen

Doch nichts läuft so, wie geplant. Große Demonstrationen erschweren das Vorankommen auf der Straße, die Wohnung, in der der Ex-Gefangene unterkommen soll, ist noch nicht eingerichtet und wird von Demonstranten verbarrikadiert. Sie wollen den ehemaligen Häftling eher tot sehen, als in einer Genfer Wohnung. Weitere Hürden folgen: Das Flugzeug des Gasts wird angeblich aus Wettergründen in die deutschsprachige Schweiz umgeleitet, wo Gautiers erbitterter Feind, der Nationalrat Knobel, wartet, um den Empfang in Genf zu verhindern. Doch Caroline Gautier hat nicht nur Feinde aus dem eigenen Land: Ein chinesischer Botschafter will den aus Asien stammenden ehemaligen Gefangenen in seinem Land verurteilen, da er einer islamischen Separatistenbewegung angehören soll. Als wäre das nicht genug, werden Caroline Gautier auch noch Fotos zugespielt, die ihr Privatleben und ihre bis dato erfolgreiche Karriere mit einem Schlag zu zerstören drohen.

Confusion_Laurent_N+¿gre_(copyright_Bord_Cadre_Films)

Erpressung, Intrigen und ein Sexskandal dominieren ,,Confusion“. Bei diesem anspruchsvollen Film kommen vor allem diejenigen auf ihre Kosten, die gerne hinter die scheinbar sauberen Kulissen der Politik schauen. Caroline Gasser stellt eine geniale Staatsrätin dar, die mit ihrem Charisma und ihrer Entscheidungsgewalt ein wenig an ,,Die eiserne Lady“ Margaret Thatcher erinnert. Simon Roming spielt als Simon Cramer, Gegenspieler von Caroline Gautier, einen soliden, aber unauffälligen Part.

Fakt oder Fiktion?

Der Film ist im Stile einer Dokumentation (Mockumentary) gedreht. Als Zuschauer scheint man immer „live“ mitzuerleben, was die zwei Filmstudenten gerade erleben. Handkameras kommen zum Einsatz, die dem Realismus keinen Abbruch tun – im Gegenteil. Und so wirkt der Film zuweilen bedrohlich realistisch, sodass sich der Zuschauer tatsächlich manchmal fragt, ob die Geschehnisse wirklich nur fiktional sind.

CONFUSION, Schweiz 2014 – Regie: Dario Cerruti, Yacine Brahem. Buch: Laurent Nègre. Kamera: Christian Lutz. Mit: Caroline Gasser, Simon Roming. 75 Min.

Text: Simon Bauer (24) studiert Sportwissenschaft im ersten Semester an der Universität Tübingen. Zu seinen Lieblingsfilmen gehören Shutter Island und Inglourious Basterds.

Diese Filmkritik entstand im Rahmen des FestivalTV der Französischen Filmtage im Filmkritikworkshop von Hanne Detel, Institut für Medienwissenschaft, Uni Tübingen.

Fotos: copyright Bord Cadre Films

Empfohlene Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert