In Sophie Letourneurs Liebesromanze „Gaby Baby Doll“ geht es um die Tagträumerin Gaby, die nachts nicht allein sein kann. Per Zufall trifft sie auf Nicolas, der ihr bei der Bewältigung ihrer Einsamkeit helfen soll.

Es ist mitten in der Nacht, stockfinster. Die einzigen lichtspendenden Leuchten sind der Mond und eine Lampe im Flur des verlassenen Schlosses in der französischen Provinz. Mitten drin: Gaby Doll (Lolita Chammah), die vehement versucht, ihren Freund Vincent (Félix Moati) aus dem Schlaf zu reißen. Zehn Meter Richtung Toilette, nur über den beleuchteten Flur und dann gleich rechts. Gaby hat Angst. Sie kann weder nachts alleine auf die Toilette, noch alleine schlafen. Um ihre Angst vor der Einsamkeit zu bekämpfen, folgte Gaby der verwunderlichen Anweisung ihres Arztes, der sie an einen völlig verlassenen Ort schickte. Genervt steht Vincent auf und begleitet seine Freundin zur Toilette über den Flur, in dem das Licht jede Nacht brennen muss.

Liebt Gaby Vincent nur, weil sie jemanden bei sich haben muss? Um Gabys Liebe zu ihm auf die Probe zu stellen, verlässt Vincent am nächsten Tag seine Freundin. Ganz allein und verlassen in dem großen Schloss hält es Gaby nicht lange aus und streift durch das Dorf. Im Kampf gegen ihre nächtliche Angst betrinkt sich Gaby und stellt die Geduld der männlichen Bewohner des Dorfes auf eine harte Probe. Per Zufall trifft sie auf den Hüter eines örtlichen Schlosses, Nicolas (Benjamin Biolay), von dem sie sich nicht mehr trennen kann. Gaby hofft mit seiner Hilfe ihre Einsamkeit zu bekämpfen.

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Gemeinsam einsam

Im Film von Sophie Letourneur treffen zwei komplett unterschiedliche Menschen aufeinander, die sich schlussendlich in einander verlieben. Gaby kann zu Beginn nicht akzeptieren, krank zu sein und sieht nicht ein, etwas zu ändern. Erst als Vincent Gaby verlässt und sie auf Nicolas trifft, stellt sie sich ihrer Krankheit.

Bereits bei der ersten Begegnung zwischen Nicolas und Gaby wird die Paradoxie des Films deutlich: Auf der einen Seite Gaby, das aufgeweckte, geschwätzige Mädchen, das immer unter Menschen sein muss und dadurch im eigentlichen Sinne nicht wirklich einsam ist – trotz allem aber den Kampf mit ihrer Einsamkeit aufgenommen hat. Auf der anderen Seite Nicolas, der ein stilles und ruhiges Leben führt, ständig allein ist und völlig abgeschottet von der Gesellschaft lebt. Sein einziger Weggefährte ist ein Hund, mit dem er den ganzen Tag spazieren geht.

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Viel Romantik, wenig Handlung

Das Grundthema Einsamkeit zieht sich wie ein roter Faden durch Letourneurs gesamte Liebesromanze: Mithilfe der ruhigen und langsamen Kameraführung wird das Gefühl an die Zuschauer herangetragen. Eine ähnliche Wirkung erzeugen die vielen Naturbilder und stillen Parts in den Gesprächen zwischen Nicolas und Gaby. Durch diese Pausen voller Ruhe bleibt dem Zuschauer genug Zeit zum Nachdenken. Und dann ist da noch Nicolas, der ziemlich abgeschottet und zurückhaltend, ja einsam wirkt. Einzig und allein Gaby, die verzweifelt versucht, ihre Einsamkeit zu bekämpfen, ist der lebensfrohe und gesprächige Part, der dem Film Leben einhaucht.

Die Liebesromanze lebt von der Gegensätzlichkeit der beiden Hauptdarsteller, wirkt allerdings über einzelne Filmpassagen hinweg sehr schleppend – gerade, weil es viele Sequenzen gibt, in denen kaum etwas passiert. Action-Fans sind also fehl am Platz, Romantiker werden jedoch beim Film-Besuch auf ihre Kosten kommen.

GABY BABY DOLL, Frankreich 2014 – Regie: Sophie Letourneur. Buch: Anne-Louise Trividic, Sophie Letourneur. Kamera: Jeanne Lapoirie. Mit: Lolita Chammah, Benjamin Biolay, Félix Moati. 88 Min.

Text: Philip Bochinger (22) studiert Sportpublizistik im fünften Semester und ist ein Fan von atemraubenden Action-Filmen und Thrillern.

Diese Filmkritik entstand im Rahmen des FestivalTV der Französischen Filmtage im Filmkritikworkshop von Hanne Detel, Institut für Medienwissenschaft, Uni Tübingen.

Fotos: Copyright Ecce Films

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