Für gewöhnlich haben große Mengen an einem Freitagabend nur eins zu bedeuten – es gibt etwas zu feiern. Dieses Mal ist es allerdings nicht nur der Start ins Wochenende, sondern auch die Vielfalt Tübingens, die Menschen zusammen bringt. Im Weltethos-Institut begrüßten die Organisatorinnen Sara Azarmi und Jennifer Ruoff Gäste aus ganz Baden-Württemberg zur Eröffnung der Ausstellung „Menschen.Leben.Miteinander“.
Mit 58 analog aufgenommenen schwarz-weiß Fotos zum Thema Integration und Inklusion verwandelten sie das Foyer des Instituts in eine Galerie. Die Bilder, die im Rahmen des Lehrforschungsprojekts „Menschen-Bilder“ unter Prof. Dr. Susanne Marschall und Fotograf Olaf Schlote entstanden, sollen den Facettenreichtum der Einwohner Tübingens und der Menschheit im Allgemeinen beleuchten, sowie verdeutlichen, dass alle Menschen zur Gesellschaft dazugehören.
„Es ist eine Freude zu sehen, wie schön menschliche Gesichter sein können. Gerade wenn sie nicht perfekt sind“, meinte Marschall begeistert vom Erfolg der Ausstellung.
Über ein Jahr planten die Organisatorinnen mit Unterstützung von Dozenten und Kommilitonen das Projekt. Diese Mühen gipfelten schließlich in der großen Eröffnungsfeier und Vernissage ganz unter dem Thema Integration und Miteinander. So sprach der Tübinger Politiker Daniel Lede Abal von der Notwendigkeit, Begegnungsmöglichkeiten für Deutsche und Flüchtlinge zu schaffen, und Susanne Marschall vom gemeinschaftlichen Leben ohne Vorurteile. Begleitet wurden diese Reden von einem vielseitigen Abendprogramm. Darunter ein Gedicht der Poetry Slammerin Mona-Lisa Hagen und musikalischen Einlagen. Eine weitere Facette eröffneten die prämierten Kurzfilme „Diversity Wins“ und „Inklusion statt Perfektion“.
Persönlicher Kontakt zwischen Menschen
Unter den Porträtierten befinden sich Menschen aller Altersklassen, Geschlechter und ethnischer Hintergründe – angefangen bei Obdachlosen bis hin zu Nonnen aus dem serbischen Raum. Auch Andrea Pfanner aus Derendingen erklärte sich dafür bereit, sich ablichten zu lassen. „Die Fotografinnen haben sich auf meine Wünsche eingelassen. Auch als mir die erste Serie nicht gefiel, konnten wir neue Fotos machen“, erklärte Pfanner. „Die Botschaft der Bilder ist aber getroffen.“
Wichtig ist es den beiden Veranstalterinnen, dass es sich bei den Menschen auf den Fotografien nicht nur um bloße Modelle handelt. Die Bilder seien authentisch und fingen Leben und Persönlichkeit der Porträtierten ein. Dieses von Ruoff als ethische Fotografie bezeichnete Verfahren verlangt es von beiden Seiten, vor und hinter der Linse, eine Beziehung zueinander aufzubauen. Azarmi, Ruoff und die Menschen auf ihren Porträts kamen beispielsweise Wochen vor den eigentlichen Aufnahmen in Kontakt.
„Wir sind häufig in ein Flüchtlingscafé gegangen, haben uns mit den Gästen unterhalten und sie kennengelernt. Irgendwann wurden wir dann auch zu ihnen nach Hause eingeladen. Erst dann haben wir mit dem Fotografieren begonnen“, erklärte Azarmi.
Über den Aufbau einer persönlichen Beziehung hinaus stellten auch die technischen Umsetzungen eine Herausforderung dar. „Wir haben die ganze Geschichte der Fotografie durchlebt“, fasst Ruoff zusammen. Angefangen bei der Schärfeeinstellung über das Entwickeln in der Dunkelkammer mussten sich die Studenten Herausforderungen stellen, über die man sich in der digitalen Fotografie kaum mehr Gedanken macht.
Und auch die Konzeption der Ausstellung an sich eröffnet intime Momente des Miteinanders zwischen den Fotografien, den darauf abgebildeten Menschen und den Besuchern. Wer sich selbst einen Eindruck davon verschaffen will, hat dafür noch bis zum vierzehnten Juni die Möglichkeit. Montag bis Freitag von 9-13 und 14-16 Uhr, sowie jeden Donnerstag bis 22 Uhr ist dafür das Weltethos Institut dafür geöffnet.
Titelbild: Eduard Schmidt. Fotografin Elisa-Marie Hassel betrachtet das von ihr geschossene Bild von Andre und Sophie.