Mit seiner aktuellen Tour, der „Theorie der feinen Menschen“, machte Kabarettist Claus von Wagner am vergangenen Freitag Station in Tübingen. Im ausverkauften Kino Museum philosophierte, berichtete und lästerte der gebürtige Münchner dabei über Gott und die Welt oder, wie er es beschreiben würde, die Finanzmärkte.

Dass es selten eine gute Idee ist, kurz vor Feierabend in eine Bank zu gehen, dürften die meisten Sparer durchaus schon mal am eigenen Leib gelernt haben. Zu schnell passieren in der Hektik zu viele Fehler. Wobei, wenn man Claus von Wagner glauben mag, gehört das zum „eigentlichen“ Geschäftsmodell. Doch es können auch unvorhersehbare Dinge passieren, wie etwa, dass jemand im Tresorraum eingeschlossen wird, während er nach den Habseligkeiten seines verstorbenen Vaters sucht. So geschehen Claus Neumann, von Wagners Alter Ego auf der Bühne an diesem Abend.

Reflexionskomik im Tresor

Was tut man in so einer Situation? Eingesperrt für die nächsten dreizehn Stunden, nur „bewaffnet“ mit je einer Flasche veganem Wasser und Scotch, dazu den Arbeitsunterlagen des Vaters und dessen Korrespondenz mit Adam Smith’schen Nacheiferern? Richtig, man macht sich Gedanken. Über das eigene Überleben, die Finanzmärkte und wie der eigene Vater dabei involviert gewesen sein könnte, über die eigene Kapitalanlage, deren Verlust und auch der Frage, was im Gebäude über diesem Tresor eigentlich genau passiert.

Claus von Wagner springt dabei sowohl thematisch als auch wörtlich mehrmals hin und her, baut und zerstört Gedankenwelten und versucht mehr als nur einmal, aus diesem „Käfig“ auszubrechen. Dem Publikum bietet er dabei keine Verschnaufpause. Wie seinem Charakter auf der Bühne bleibt den Zuschauern immer öfter die Luft weg als er mit spitzen Pointen und schwarzem Zynismus das Geschehen von Wirtschaft und Politik kommentiert.

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Enge Bindung zum Publikum

Von Wagner arbeitet dabei eigentlich recht minimalistisch, befinden sich auf der Bühne doch nur ein Tisch, ein Stuhl, ein Telefon und die erwähnten Unterlagen und Flaschen. Doch es ist seine energiegeladene Präsenz, seine gelungene Interaktion mit dem Publikum, die die Bühne ausfüllt. In über drei Stunden arbeitet der Kabarettist, den die meisten vor allem durch seine Arbeit bei „Die Anstalt“ kennen, sein durchdachtes Programm ab, ohne dass es auch nur einen Moment aufgesetzt wirkt. Immer wieder werden dabei Motive und Pointen noch aus den ersten Minuten kontrastiert erneut aufgegriffen und dem Zuschauer vor Augen geführt.

Als nach schließlich drei Stunden das „Drama“ um Claus Neumann ein Ende findet und von Wagner den minutenlagen Applaus genießen darf, endet die Show allerdings immer noch nicht. Müde, aber zufrieden erläutert er dem Publikum noch ein wenig den Hintergrund seines Programms und dass er durchaus noch für weitere Fragen im Foyer zur Verfügung steht. Dieses Angebot wurde von vielen Zuschauern auch dankend angenommen, sei es dabei für anerkennende Worte, ein Autogramm und natürlich jede Menge Selfies. Gerne nahm sich Claus von Wagner dabei Zeit für jeden Fan und jedes Wort, ehe um kurz vor Mitternacht dann auch endlich die letzten Besucher den Weg nach Hause antraten. Sicherlich nicht wenige in Gedanken an das eben Gehörte.   20160429_230831b

Titelbild: Marcus Gruber
Bilder im Artikel: Christopher Kübler

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