Diesen Montag wurde der Rektor der Universität Tübingen, Bernd Engler für weitere acht Jahre ohne Gegenkandidaten wiedergewählt. Die Wahl des Rektors wurde um zwei Jahre vorgezogen. Vor allem aufgrund der Tatsache, dass es keinen Gegenkandidaten gab, entfachte sich der Protest von ungefähr 50 Studierenden. So wurde die sonst eher unspektakuläre Wahl zum Politikum.
Der Rektor der Universität Tübingen wird vom Senat und dem Universitätsrat gewählt. Die Wahl lief in zwei Stufen ab. Zuerst wurde vom Universitätsrat abgestimmt, für wie lange der Rektor wiedergewählt werden soll. Zur Auswahl standen sechs, sieben oder acht Jahre. Allerdings hatte diese Abstimmung nur einen symbolischen Charakter, da Engler im Jahr 2024 das Höchstalter für das Amt des Rektors der Universität erreicht. Nach 2020 hätte er nicht mehr zur Wahl stehen dürfen. Fünf von acht Stimmberechtigten sprachen sich für eine Amtszeit von acht Jahren aus. Im zweiten Wahlgang wählten der Universitätsrat und der Senat mit großer Mehrheit den bisherigen Rektor wieder. Es gab eine Gegenstimme, trotz fehlender GegenkandidatInnen, da sich innerhalb der Bewerbungsfrist keine anderen KandidatInnen, als der bisherige Rektor zur Wahl beworben hatten. Allerdings wurde kritisiert, dass diese Stelle unzureichend beworben wurde und der Vorsitzende des Universitätsrates andere BewerberInnen als ohne Aussicht auf Erfolg ein einschätze.
Der Protest
Der Protest der anwesenden Studierenden richtete sich vor allem dagegen, dass nur Professor Engler zur Wahl stand und es deswegen unangemessen sei, überhaupt von einer Wahl zu sprechen, da man nicht zwischen verschiedenen Optionen wählen könne. Das wurde als symptomatisch für fehlende Demokratie und Mitbestimmung an der Universität kritisiert. Außerdem richtete sich der Protest auch gegen die Zusammensetzung des Universitätsrates, der eine zentrale Rolle in der Hochschulpolitik spielt. Im Universitätsrat sitzen zahlreiche Vertreter aus der Wirtschaft, dabei sechs von sieben der externen Mitglieder des Universitätsrates. Der Vorsitzende des Universitätsrates Bernhard Sibold ist ein gutes Beispiel, da er der Präsident der Hauptverwaltung der deutschen Bundesbank in Baden-Württemberg ist. Im Kontrast dazu gibt es aber nur einen Vertreter der Studierendenschaft. Des Weiteren wurde Kritik am geplanten Cyber Valley vorgebracht, für das sich Engler in seiner bisherigen Amtszeit eingesetzt hat. Der Rektor wies die Kritik am Cyber Valley und dem Wahlvorgang zurück.
Die Protestierenden formulierten ihre Kritik durch das ironische Überreichen einer Krone an den Rektor, der diese aber nicht aufsetzen wollte. Auch wurde Engler wiederholt spöttisch als „König“ bezeichnet. Im Vorfeld hatten AktivistInnen vor der Neuen Aula zum Protest der Wahl aufgerufen. Die Art und Weise des Protestes sei auch Ausdruck davon, dass man sonst nicht gehört werde, so einer der Kritiker. Während Lokalzeitungen neben der Wiederwahl auch über die Studierenden-Proteste berichteten, werden diese in der offiziellen Pressemitteilung mit keinem Wort genannt.
Fotos: Leo Schnirring