Ganz im Stile großer Filmpreisverleihungen werden am 9.5 in Tübingen die von Studierenden gedrehten Kurzfilme zum Thema Medienkonvergenz und Partizipation von einer Fachjury und dem Publikum ausgezeichnet. Das fünfte Mal schon findet die „Tübinale“ statt, das Kurzfilmfestival der Tübinger Medienwissenschaft.
Medienwissenschaft
Porträts ohne Vorurteile
Für gewöhnlich haben große Mengen an einem Freitagabend nur eins zu bedeuten – es gibt etwas zu feiern. Dieses Mal ist es allerdings nicht nur der Start ins Wochenende, sondern auch die Vielfalt Tübingens, die Menschen zusammen bringt. Im Weltethos-Institut begrüßten die Organisatorinnen Sara Azarmi und Jennifer Ruoff Gäste aus ganz Baden-Württemberg zur Eröffnung der Ausstellung „Menschen.Leben.Miteinander“.
Ein Erklär-Bär wird Professor
Zu wenig Platz für all die Interessierten: Claus Kleber, erster Moderator des ZDF heute journals, hielt gestern im vollen Festsaal der Neuen Aula seine Antrittsvorlesung. Die Universität Tübingen konnte ihren ehemaligen Studierenden als neuen Honorarprofessor des Instituts für Medienwissenschaft gewinnen. Er sprach zum Thema „Rettet den Journalismus! -Wozu?“.
Der Saal war brechend voll. So viele waren gekommen, dass man zahlreiche Enttäuschte vor den Flügeltüren des großen Festsaals abweisen musste. Sie waren seinetwegen da: Dr. Claus Kleber, bekannter deutscher Moderator, Autor und Dokumentarfilmer, hielt die Antrittsrede zu seiner Honorarprofessur. „Es ist etwas ganz anderes, vor so vielen Menschen zu stehen, statt in eine Kamera zu sprechen“, witzelte er zu Beginn. Das Thema seiner Rede ist gesellschaftlich brandaktuell: Wird der Journalismus im Social-Media-Zeitalter noch gebraucht, wo doch prinzipiell jeder zum Nachrichten-Versender werden kann? Was erwartet abgehende Studierende als angehende Journalisten? Und: Was muss sich im Journalismus ändern, was hat sich bereits geändert?
Heiter weiter?!
„Es war ein großer Fehler zu denken, das Internet sei nur ein neuer Weg, um alte Sachen zu verbreiten“, sagte Claus Kleber beinahe wehmütig. Der Medienmacher legte Zahlen vor, die die Abwanderung der jüngeren Generationen vom linearen Fernsehen ins Internet belegten. Die Entwicklung und Reaktionen der Redaktionen auf die Digitalisierung beschrieb er im Zeitraffer als „Heiter weiter – Rein ins Netz – Zukunft: Social Media“. In gewohnter Kleber-Manier brachte er Komplexes auf den Punkt. Ein Erklär-Bär, der dabei nicht belehrend wirkt oder gar lamentiert.
Globales Dorf bauen
Claus Kleber, der in Tübingen ganze 14 Semester Jura studierte und anschließend promovierte, ging geschichtlich noch weiter zurück. Der erfolgreiche Langzeitstudent beschrieb die Verbreitungswege von Nachrichten in den drei Phasen der so genannten Gutenberg-Parenthese: Wurde Wissen anfangs noch vom individuellen Umfeld geprägt, so erweiterte sich in einer zweiten Phase der Horizont der Menschen: die Massenmedien trugen Nachrichten „über die Dorfäcker hinaus“. In der dritten Phase, in der wir uns laut Kleber momentan befänden, dominiere durch digitale soziale Netzwerke wieder der individuelle Austausch. Dies sei in dem Sinne ein Rückfall. „Durch Social Media baut man sich sein eigenes globales Dorf“, erläuterte Kleber. Problematisch daran sei zum Beispiel, dass Facebook-Freunde oftmals ähnliche Meinungen hätten wie man selbst. In den geposteten Nachrichten lese man dann oft nichts Neues. „Was Sie schon wissen, wird wiederholt“, meinte Kleber.
Gesucht: digitale Pioniere
Dabei fehle es neben der Konfrontation mit anderen Meinungen auch an einer Einordnung, längerfristigen Begleitung von Themen und deren Bewertung. Eben dies sei die Leistung und der Mehrwert von Journalismus. So zog Kleber ein hoffnungsvolles Fazit und machte angehenden Journalisten Mut: „Ich bin überzeugt, dass es einen Markt für die journalistische Arbeit gibt. Wir brauchen Leute, die den Tag bewerten und einordnen.“ In seinem Seminar im kommenden Wintersemester wird er sich mit journalistischen Themen befassen und man darf gespannt sein, welche Projekte Tübingens Langzeitstudent mit seinen Studierenden angehen wird.
Fotos: Christoph Jäckle
"Verborgen, vergessen, verwunschen -Tübingen auf den zweiten Blick"
Tübingen ist mehr als Hölderlinturm und Stiftskirche: Die Masterstudenten der Medienwissenschaft zeigen das in einer Abschlussarbeit, in Form der Ausstellung „Verborgen, vergessen, verwunschen -Tübingen auf den zweiten Blick“. Ein Besuch hier lohnt sich: Es ist als wäre man weit weg, dabei ist man der Stadt so nah wie noch nie.
von Emma Marx & Valerie Eiseler
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