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Vom Kritisieren und Verreißen

Denis Scheck war am Sonntag zu Besuch bei Querfeldein im Ribingurūmu in Tübingen. Gut aufgelegt und gewohnt provokativ war er der Erfolgsgarant des Abends und krempelte die deutsche Literaturlandschaft um, wobei er dem Publikum einen Einblick in das Leben und Leid eines Literaturkritikers verschaffte.

In Manier seiner Sendung betritt Denis Scheck mit einem Stapel Bücher unter dem Arm den Raum und setzt sich in einem großen Sessel. Um ihn herum volle Bänke und Stühle und erwartungsvolle Blicke. Geführt von den Fragen des Querfeldein-Moderators entsteht bald ein Gespräch, in dem das Gesicht des ARD-Literaturmagazins Druckfrisch immer mehr aufblüht. Immer wieder unterstützen dabei kurze Filmausschnitte aus Schecks Sendung seine Erzählungen. Gleich zu Beginn stellt er fest: „Ein Literaturkritiker besteht nur, wenn er nicht lügt.“

Fantasy, Playboy, Übersetzen – Die Jugend

1964 in Stuttgart geboren, begann Denis Scheck früh damit, sich auf der deutschen Literaturbühne einen Namen zu machen. Als 13-Jähriger gründete er die Literaturzeitschrift Newlands und übersetzte neben Fantasy- und Horrorbüchern auch Interviews für die deutsche Ausgabe des Playboys. Ein netter Nebeneffekt sei dabei gewesen, die Bücher umsonst zu erhalten, erzählt der gebürtige Schwabe. Nachdem er in seiner Jugend als Übersetzer kostenfrei in einem Stuttgarter Haus samt vollem Weinkeller wohnen durfte und Honorare über 2000€ erhielt, ging Scheck davon aus, als literarischer Übersetzer reich und berühmt zu werden. Auf den Boden der Tatsachen kam er dann während seiner Studienzeit in Tübingen zurück, als sich plötzlich keiner mehr für das „arrogante und elitäre Arschloch“, wie Scheck sein damaliges Selbst bezeichnet, interessierte. Mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Viele meinen, ich hätte mich seither nicht geändert.“

Was ist große Literatur?

Diese Frage beantwortet der Literaturkritiker fast schon, als sie noch nicht ganz ausgesprochen war: „Große Literatur ist für mich ein Text, der mich zwingt, in eine neue Richtung zu blicken und Perspektiven wahrzunehmen, die man bisher freiwillig nicht eingenommen hat.“ Als Beispiel zieht er die Kafka-Biografie Reiner Stachs heran, deren letzter Band nach 18 Jahren Arbeit dieses Jahr veröffentlicht wurde. „Ich dachte, Kafka sei ein 1 Meter 60 großes Männle aus Prag gewesen, das kritzelte und früh starb. Stach zeigte mir, dass Kafka 1,81 groß, bei den Frauen beliebt war und mit 40 von ihnen Sex hatte. Das hat mir den Kopf zurechtgerückt.“ Literatur sei außerdem die Befreiung schlechthin, die einen in die Haut eines anderen schlüpfen lässt.

Alte Schlachtrösser und ethnisch-disperse Autoren

Die Gegenwartsliteratur Deutschlands bezeichnet Denis Scheck als reich und vielfältig, was vor allem daran liegt, dass zum ersten Mal vier Generationen gleichzeitig schreiben. Darunter „alte Schlachtrösser“, beispielsweise Günther Grass, die vielen Zuwanderer, die zu schreiben beginnen, und Unterhaltungsliteraten auf Niveau, wie Walter Moers, Cornelia Funke oder Frank Schätzing. „Wir haben eine Vielfalt in der Literatur, wie sie noch nie da war“, ist sein Resümee. Diese Einschätzung Schecks verdeutlicht sich, als er in der zweiten Hälfte des Abends einige seiner jetzigen Favoriten vorstellt, darunter Bücher wie die Pfaueninsel von Thomas Hettche oder Kruso von Lutz Seiler.

Druckfrisch – lustig, locker, anders

Dass Denis Schecks Druckfrisch eine etwas andere Literatursendung ist, verdeutlicht sein Ziel, die vorherrschende Ernsthaftigkeit vom Genre der Literaturkritik zu nehmen. Dies wird durch Lockerheit und Provokation durchzusetzen versucht. Ein Bestandteil davon sind die immer wieder eingebauten Gags mit Wasser, die nach einem nicht eingeplanten Sprung Schecks in das Hafenbecken von Nizza entstanden. Außerdem trägt er in jeder Situation einen Anzug, auch wenn er sich zu einem Interview mit dem Autor Kristof Magnusson in einen Whirlpool setzt. „Solange Reich-Ranicki lebte, musste ich etwas anderes machen und die Figur des Literaturkritikers ironisieren“, erklärt Scheck diese Stilelemente seiner Sendung.

„Bestseller sind der kleinste gemeinsame Nenner des Massengeschmacks“

Literaturkritiker gibt es, weil jedes Jahr über 90.000 Neuerscheinungen herausgegeben werden und für diese „Flutwelle von Büchern“, wie Scheck das nennt, Orientierungsmöglichkeiten gegeben werden müssen. Bestsellerlisten seien dabei nicht ernst zu nehmen, denn „die besten Bücher sind keine Bestseller, oder will man, wenn man gut essen geht, eine der zehn meistverkauften Mahlzeiten haben?“ Genau so seien Literaturpreise oft Irrwege. Zur Verdeutlichung führt Scheck auf, dass es in Deutschland über 700 Literaturpreise gibt. „So viele, dass selbst ich einen bekommen habe.“ Auch der Nobelpreis bleibt von ihm nicht verschont. Er ärgert sich darüber, dass „etwas so vielschichtiges und komplexes wie die Literatur“ mit einem einzigen Preis bedacht werden kann und das die Jury nur aus fünf, auf Lebenszeit gewählten „Rollatorenwettläufern“ besteht.

Vom Brechtbau und E-Books

Bei der Fragerunde zum Abschluss des Literaturabends richtet sich das Interesse auf einen aktuellen Diskurs, nämlich den Sinn von E-Books. Denis Scheck hat dabei eine besondere Meinung. Ihm ist es egal, ob ein Buch als E-Book oder auf Papier verkauft wird: „Mir ist der Inhalt wichtig! Das E-Book wird die Welt der Literatur nicht neu erfinden.“ Es überrascht allerdings nicht, dass das Publikum auch Fragen zur Tübinger Studienzeit des Literaturkritikers stellt. So wird Scheck, der in Tübingen unter anderem Germanistik studierte, über den damaligen Zustand des heute berüchtigten Brechtbaus befragt. „Er war zu meiner Zeit schon hässlich, aber wir haben auch nichts zur Verschönerung beigetragen“, antwortet er und fügt dann ein Zitat von Robert Gernhardt hinzu: „Dich will ich loben, Hässliches, / Du hast so was verlässliches.“ Danach war das Programm zwar beendet, aber der Abend noch lange nicht vorbei. Noch einige Zeit stand der Literaturkritiker Denis Scheck den Besuchern Rede und Antwort, außerdem verkaufte und unterschrieb er die von ihm mitgebrachten Bücher.

Druckfrisch zum Anschauen: http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/druckfrisch/index.html

Russlandbilder treffen aufeinander

Bei der gestrigen Podiumsdiskussion „Das Russlandbild in den deutschen Medien“ in der Alten Aula entwickelte sich wenig überraschend eine hitzige Debatte rund um den Kreml und Präsident Putin.

Anlässlich des Vierteljahrhunderts zwischen der selbsternannten „Liebesgeschichte“ der Städte Tübingen und Petrosawodsk organisierte die Stadt, vertreten durch die Leiterin des Fachbereiches Kunst und Kultur, Daniela Rathe, in Kooperation mit dem Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde die hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zum „Russlandbild in den deutschen Medien“. Unter der Leitung des Institutsdirektors, Prof. Dr. Klaus Gestwa, diskutierten und teilten ihre Erfahrungen Ina Ruck, die ehemalige Leiterin des ARD-Studios in Moskau, Dr. Gerd Koenen, freischaffender Historiker und Autor, Dr. Manfred Sapper, Politikwissenschaftler und Chefredakteur der Zeitschrift „Osteuropa“, und Johannes Voswinkel, langjähriger Russlandkorrespondent der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Volkssport Medienschelte

Das Eröffnungsstatement übernahm dabei der Gesprächsleiter selbst und erläuterte seine eigene Sicht zur Relevanz der allgemeinen Medienkritik und der weitreichenden Problematik, mit denen sich die moderne Berichterstattung auseinandersetzen muss. Vom neuen „Volkssport Medienschelte“ bis hin zum „Interpretationskrieg“ politischer Lager war dabei die Rede, zudem gewährte er einen Einblick in seine Sorgen in Hinblick auf seine Arbeit als Direktor des Osteuropäischen Instituts und dessen Möglichkeiten in zukünftigen Kooperationen mit russischen Kollegen. Auch aktuelle Beispiele, die schließlich sogar zu Morddrohungen gegen Korrespondenten führten, blieben dabei nicht unerwähnt.

Von Drohungen konnte auch Ina Ruck viel berichten, leider aus erster Hand gegen ihre Person und Arbeit bei der ARD. Besonders ihre Berichte aus der Ukraine oder bei den Olympischen Spielen in Sotschi sind Anlass vieler Kritik und Drohungen. In einem vielsagenden Satz gestand sie daher, dass sie trotz aller Verbundenheit mit Russland und ihrer Arbeit dort erstmals „leichten Herzens“ zurück nach Deutschland kam.

Eine ähnliche Erfahrung hatte Johannes Voswinkel bereits vor drei Jahren machen müssen, als aufgrund von Einsparungen die Korrespondenten-Stelle der „Zeit“ in Moskau gestrichen wurde. Seine Ausführungen zur Medienkritik und deren Richtigkeit gefielen dabei durch ihre Differenziertheit und erhielten breite Zustimmung im zahlreichen Publikum.

Auf sogar ganze fünfundzwanzig Jahre Verbundenheit mit Russland kann Dr. Gerd Koenen zurückschauen, als er 1989 im Rahmen einer Dokumentation über historische Aufarbeitung in der Sowjetunion für den Deutschlandfunk nach Moskau reiste. Seine Einschätzung, dass sich die Welt in einer „neuen Art des Kalten Kriegs“ befindet, stieß auf vorsichtige Zustimmung im überfüllten Saal der Alten Aula, aber auch besonders bei Dr. Manfred Sapper.

Schrecken und Faszination

Als Chefredakteur der Zeitschrift „Osteuropa“ sieht Sapper in Hinblick auf die mediale Berichterstattung, dass die Medienkrise besonders eine Zeitungskrise und nicht zuletzt auf die wirtschaftliche Lage zurückzuführen sei. Als bestes Beispiel nannte er dabei seinen Sitznachbarn Voswinkel. Außerdem erkennt er eine Aufteilung in „Schrecken und Faszination“ in Bezug auf die russische Wahrnehmung in Deutschland. Das Schrecken in Form des politischen Russlands wird allgemein nur allzu gern von der Faszination des Landes getrennt, aber auch vermischt, so Sapper weiter.

Putin ist Russland, Russland ist Putin!

Als schließlich die eigentliche Diskussion beendet war und Gesprächsleiter Gestwa die allgemeine Fragerunde eröffnete, vermischten sich nicht mehr nur einzelne Begriffe, auch die ganze Thematik des „Russlandbilds in den deutschen Medien“ geriet immer mehr ins Abseits. So blieb zwar die Veranstaltung bis zur letzten Minute informativ und interessant, jedoch eher auf die Person Putin gerichtet und weniger auf Russland oder gar die Medien und deren Problematik. Als schließlich nach weiteren 45 Minuten lebhafter Debatte mit gelegentlichen Zwischenrufen die Veranstaltung beendet war, gingen die zahlreichen Zuschauer zwar mehrheitlich zufrieden nach Hause, doch blieben letztlich auch einige Fragen unbeantwortet. So blieb symbolisch als Fazit auch die letzte Wortmeldung im Raum stehen, die sich mit dem Zitat „Putin ist Russland, Russland ist Putin“ befasste. Doch anders als in Russland, wo selbiger diese Worte mit der stalinistischen Höflichkeit zurückwies, erhitzt das in Deutschland weiterhin die Gemüter.

Der einsame Wolf

„Melancholy is nothing negative, it is a positive feeling. It has nothing to do with depressions, it’s a feeling for longing.“ – Ville Valo
Der Tübinger Singer/Songwriter ExBird, lässt sich in dieser Melancholie fallen und kreiert mit ihr ein außergewöhnliches musikalisches Kunstwerk – mit Ecken, scharfen Kanten und viel Mut zur Ehrlichkeit, vor allem zu sich selbst. 

Musikalische Selbstreflexion mit ExBird

ExBird ist ein ernster Typ. ExBird ist ein melancholischer Typ. ExBird ist jemand, der einem bei der ersten Begegnung verschlossen und oft grimmig gegenübertritt. Das ändert sich mit der Zeit, wenn man den Studenten mit der dunklen Strandmatte und dem Dreitagebart besser kennen lernt. So verhält es sich auch mit seiner Musik. Es wäre unmöglich, ein Porträt über diesen Musiker zu schreiben, ohne dabei dem Menschen nicht eine ebenso große Aufmerksamkeit zu widmen.

Der Musiker ExBird

ExBird gibt es seit gut eineinhalb Jahren. Bevor er Singer-Songwriter wurde, spielte der Mann, der am liebsten Jeans und einfarbige Shirts trägt, bereits in diversen Bands. Diese reichen von Pop-Rock, bis hin zu einer komplexeren Combo, aus dem progressiveren Metalgenre. Nun hat er sich den sanfteren Klängen verschrieben und knüpft mit seiner Musik an Bands wie Bon Iver, Eels und City and Colour an. Er selbst beschreibt seine Nische als „der Versuch sehr reduzierte Musik zu gestalten, um damit wiederum möglichst viel wiederzugeben, als Wandel von schönem Melodischen, das durch Melancholie zersetzt wird hin zu einem oft bitteren Nachgeschmack, der zur Selbstreflexion anregt.“

ExBird live

ExBird spielt seit Ende 2013 Shows. Trotz der eher minimalistischen und „nicht-tanzbaren“ Musik kamen immer zahlreichere Angebote von lokalen Clubs und Bars. Seinen ersten Auftritt hatte er am 30.10.13 als Support von Susie Asado (Ukulele-Pop aus Berlin) im Cafe Haag, wo er in diesem Jahr noch weitere Male auf der Bühne stand.

Auch ich habe den Mann, der das Publikum beim Spielen nicht eines Blickes würdigt, erstmals bei dieser Feuertaufe gesehen. In den Monaten darauf trat er in weiteren Locations, wie dem schwarzen Schaf, oder dem hippen Café Galao in Stuttgart auf. Spannend für ihn war anfangs besonders die Ungewissheit darüber, ob seine Musik live überhaupt ankommt. „Wenn Leute zu einem Metalkonzert gehen, wissen Sie, was auf sie zukommt, sie kommen wegen der Musik und einer bestimmten Band. Im Fall von ExBird gehen die Leute was trinken, wollen sich einen schönen Abend machen und sehen mich dann mehr oder weniger zufällig auf der Bühne stehen. Das ist eine völlig neue Erfahrung gewesen.“

„Einsamer Wolf“

ExBird ist live unberechenbar. Seine Auftritte sind geprägt von emotionaler Affektivität, die dem Zuhörer eine äußerst abwechslungsreiche Erfahrung bescheren. Während den ersten Shows stellenweise noch brachial auf seine Gitarre eindreschend, schreiend vor unverfälschter Emotion, scheint ExBird nun an einem Punkt der zunehmenden Selbstkontrolle angekommen zu sein.
Hier spiegelt sich seine Einzigartigkeit wieder. Was ExBird zu einem Erlebnis macht, ist neben der rauen Stimme und der „Einsamer-Wolf“-Erscheinung, der Mensch hinter dem Musiker, der sich seinem Publikum emotional nackt präsentiert.

„Es ist mir wichtig, mich live in der Musik fallen lassen zu können und das authentisch rüberzubringen. Ich hoffe, dass die Leute diese Ehrlichkeit sehen.“

Der Mensch ExBird

Es gibt keinen doppelten Boden bei ExBird, es gibt keine Erzählungen von Saufeskapaden oder dem Flachlegen von Frauen. Es gibt auch keine lupenreinen Love-Songs, die von einer unsterblichen Liebe handeln, die auf ewig hält. Das alles ist ExBird nicht. ExBird ist hauptsächlich Selbstreflexion der unbequemen Art.
ExBird spricht Dinge an, die unangenehm sind. Dinge, mit denen wir uns eigentlich nicht auseinandersetzen wollen – und schon gar nicht, wenn wir abends in eine Bar gehen. Die Angst vor dem allein sein, zu scheitern; warum Menschen sich auseinanderleben und Beziehungen zerbrechen. Seine Musik ist Verarbeitung, Verarbeitung der ehrlichsten und zugleich hässlichsten Sorte. ExBird macht Musik für sich selbst. Um klarzukommen und abzuschließen. Wenn man so will, das einzige Klischee, das er bedient. Wir lauschen ihm und werden uns selbst in seiner düsteren Welt wiederfinden, ob wir es wollen oder nicht.
Dabei ist seine Musik auf instrumentaler Ebene gar nicht so traurig. Eingängig, hell, manchmal perkussiv. Instrumental knüpft ExBird mit seinem Gitarrenspiel durchaus an bewährte Klangbilder an, wie man sie aus dem Singer/Songwriter-Genre kennt.

ExBird selbst geht im Gespräch eher locker mit der Thematik seiner Musik um. „Die Melancholie trägt die Musik zwar, aber andererseits müssen wir ja nicht alle gleich zu heulen anfangen.“ Diese sehr selbstironische und bodenständige Art schafft auch Live eine zunehmend aufgeschlossenere Stimmung. Der Mann kann lustig sein, wenn er es denn will.

ExBirds Entwicklung

Die Entwicklung der Musik von ExBird ist zugleich die Entwicklung eines Menschen, der sich immer wieder mit sich selbst auseinandersetzen will. Umgetrieben von den Ereignissen in seinem Leben und dabei vor allem von den Downs. Die Grenzen zwischen Leben und Musik, zwischen Mensch und Künstler lassen sich hier nicht mehr trennen.
Und so verändert sich auch ExBirds Musik. Immer mehr weg von Hörgewohnheiten und bekannten Schemata zeigt er andererseits auch immer mehr Mut zur Offenheit, zur Zugänglichkeit. Dennoch werden Freunde der massenkompatiblen Musik hier stellenweise anecken. Man muss sich auf Musik einlassen können und sollte keine Abneigung gegen die Auseinandersetzung mit den schmerzhaften Seiten des Lebens haben, wenn man ExBirds Musik entdecken will. So hat man live vor allem die Chance auf ein zutiefst ehrliches musikalisches Erlebnis, dessen Wirkung über den eigentlichen Auftritt weit hinausgeht, sofern man dies zulassen will.

ExBird zum Hören: https://soundcloud.com/exbird
ExBird zum Sehen: https://www.facebook.com/exbirdmusic

„Studierendentheater“ am LTT

Riesiges Angebot an Theateraufführungen im LTT, Theatersport für das Publikum. Was wenn ich die andere Seite des Theaters kennenlernen und den Bühnenolymp erklimmen will? Lohnt sich das überhaupt, wo jeder Student heute über zu wenig Zeit klagt?

Im Interview ist Miriam Rösch, die uns einen Einblick in das LTT-Angebot für Studierende biete

Bitte stellen Sie sich kurz unserem Lesepublikum vor:

Mein Name ist Miriam Rösch ich bin  35 Jahre alt, habe 8 Jahre bei den Wuppertaler Bühnen als Theaterpädagogin für Musik-und Sprechtheater gearbeitet und bin seit dieser Spielzeit neu am Landestheater Tübingen (LTT) und zuständig für die Theaterpädagogik für den Abendspielplan.

Gibt es für Studierende ein Angebot des LTTs – ein Studententheater?

Schon seit einigen Jahren gibt es das sogenannte LTT – Labor, welches sich besonders an Studierende richtet. In diesem „Labor“ untersuchen wir spielerisch das Medium Theater.
Darüber hinaus gibt es seit dieser Spielzeit neu die LTT – Akademie. Einmal im Monat treffen sich hier Menschen (nicht nur Studierende), um sich über das Theater und ihre Wünsche an dieses auszutauschen.

Wie kann ich beim Club für Studierende einsteigen oder mitmachen?

Wir treffen uns immer montags – Startschuss war am 20.10 – gerne können aber auch noch Interessenten dazukommen. Einfach nachfragen.

Was benötige ich für den Einstieg als Voraussetzung?

Nur Neugierde und die Bereitschaft mitzumachen. Erfahrung mit Theaterspielen ist nicht nötig.

Wann habt ihr eure Probenzeiten?

Wir Proben montags von 19 – 22 Uhr auf einer Probebühne im LTT.

Die wöchentlichen Proben werden vermutlich jedoch nicht ausreichen, zumal ja in den Semesterferien wahrscheinlich nicht regelmäßig geprobt werden kann. Es wird bestimmt, in Absprache mit der Gruppe, Probewochenenden geben.

Wenn mir das Theaterspielen im Club für Studierende gar nicht zusagt?

Dann kann man natürlich wieder aussteigen. Die ersten Treffen stehen aus diesem Grund auch unter dem Motto „Kennenlernen“, da kann man reinschnuppern und ausprobieren, ob man genug Spaß hat, um dabei zu bleiben.

Gibt es eine Grenze der Gruppengröße für den Club der Studierenden?

Ich habe keine feste Obergrenze, beim ersten Treffen waren 14 Leute da, was mich sehr gefreut hat. Vielleicht kommen noch ein paar dazu, die Erfahrung zeigt, dass immer mal auch wieder Leute abspringen.

Was passiert mit dem Ende des Projekts?

Geplant ist, am Ende der Spielzeit (und des Sommersemesters) 2-3 Aufführungen im LTT zu haben und im nächsten Wintersemester geht es dann mit neuem Thema wieder los.
Wie wird das Thema für die Theatergruppe festgelegt?

Mein Plan ist es, mit der Gruppe gemeinsam ein Thema zu suchen, was uns alle interessiert. Ob wir dann selbst Texte schreiben oder zu dem Thema Texte finden oder es eine Mischung wird, das kann ich noch gar nicht sagen. Ich gehe nicht als „Regisseurin“ mit einem festen Plan an die Sache ran, sondern möchte mit der Gruppe das Stück entwickeln.

Woher kam die Idee und Entwicklung für einen Club für Studierende?

Tübingen gilt als „Studentenstadt“, ungefähr ein Drittel der Bewohner Tübingens sind Studierende. Da liegt es nahe, auch für diese Bevölkerungsgruppe Angebote zu machen.
Wir haben ja auch Kinder-und Jugendclubs am LTT, sowie Angebote für Erwachsene und Senioren.

Werden bei den Spielerinnen und Spielern im Club der Studierenden auch Fähigkeiten gefördert?

Es geht vorrangig darum, ein Stück zu entwickeln und auf die Bühne zu bringen.
Dabei werden aber, quasi automatisch, verschiedene Fähigkeiten gefördert: auf Andere zugehen, sich mit unterschiedlichen Meinungen auseinandersetzten, sich ausdrücken, vor Anderen sprechen, um nur einige zu nennen.
Ich mache aber nicht für die einzelnen Mitspieler ein „Trainingsprogramm“.

Nur 14 Personen obwohl Tübingen über 20.000 Studierende verfügt.  Der Andrang ist ganz schön wenig, oder?

Das stimmt natürlich, aber nicht jeder Mensch, der sich prinzipiell fürs Theater interessiert, spielt auch gerne selber.
Wir haben ja auch noch andere Angebote für Studierende. Im November findet wieder der „Kulturrausch“ statt: Vom 20. bis zum 23. November bezahlen Studierende nur 6€ für die in diesem Zeitraum laufenden Vorstellungen im LTT. Außerdem gibt es an diesen Tagen ein großes Rahmenprogramm: Stückeinführungen und Nachtgespräche, eine Filmvorführung und eine Party.
Genaues zum Kulturrausch und alles Anderer rund um das LTT kann man uns auch am 18.11 in der Mensa Wilhelmstraße und am 19.11. in der Morgenstelle fragen, wo wir jeweils mit einem Stand vertreten sein werden. Da kann man dann auch die sogenannte Semestercard erwerben, mit der man unschlagbar günstig Karten für unsere Vorstellungen bekommt.

Welche Variante wird verwendet: Klassisches Theater oder auch Improvisationstheater?

Ganz viel wird aus der Improvisation heraus entstehen. Wir werden aber keinen klassischen Theatersport machten.

Deine Erfahrung mit Studierenden und Jugendlichen im Theater?

In Wuppertal habe ich zwar regelmäßig Workshops für Referendare gegeben, aber eine eigene „Studierendengruppe“ hatte ich nicht, das ist für mich auch neu und spannend. Ich freue mich sehr darauf!
In meinen bisherigen Gruppen waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer so zwischen 14 und 20 Jahren alt.

Für weitere Informationen zum LTT – Akademie, zum Kulturrausch und allen weiteren Angeboten des LTT können sich die Wissensbegierigen und Nachwuchschauspieler informieren unter:
www.landestheater-tuebingen.de zu finden.

Ihr habt Lust auf den Studierendentheaterclub? Einfach Mail an Miriam Rösch:                 roesch@landestheater-tuebingen.de

Face à Face: Die 5 Besucherspezies der Französischen Filmtage

Vom 29.10 bis zum 5.11 lockten die 31. Französischen Filmtage in Tübingen wieder zahlreiche Besucher in Tübingens Kinosäle. Wie jedes Jahr kann man dort auch dieses Mal ein äußerst breit gefächertes Publikum beobachten. Aber wer geht denn nun zu diesen Filmtagen? Kupferblau hat nachgefragt und unter Anderem vier verschiedene Besucherspezies ausgemacht.

Von Thomas Lotter und Felix Müller

Die Mitarbeiter

Sie brennen für die Filmtage. Und so werden von ihnen selbstverständlich auch außerhalb der Arbeitszeiten die Kinovorstellungen besucht. So auch Lara (23), die schon drei Jahre in Folge die Publikumsdiskussionen mit Regisseuren und Schauspielern dolmetscht:

„Ich habe schon ein paar Filme gesehen, weil ich die Inhaltsangaben für den Katalog schreibe und gucke jetzt halt noch die Filme, die ich übersetze, damit ich weiß, was ich da so erzähle.“

– Was ist dir im Vergleich zu den letzten Jahren besonders aufgefallen?

„Es gibt unglaublich viele Filme und es sind auch mehr Gäste da, von daher sind die Veranstaltungen mit den Diskussionen auch interessanter. Als ich zum Beispiel bei ‚Brooklyn‘ übersetzt habe, war der Film komplett ausverkauft und kam insgesamt supergut an. Die Rapperin KT Gorique (Darstellerin in ‚Brooklyn‘, Anm. d. Red.) hat danach sogar noch im Epple-Haus gerappt.“

Die engagierten Eltern

Sie wollen ihren Kindern schon im frühen Alter die Französische Kultur näherbringen. Wir haben mit der Familie Fernzel gesprochen, die eine Einladung von der Deutsch-Französischen Gesellschaft bekommen hat und mit ihren Kindern in Tübingen waren:

„Wir waren in ‚Tante Hilda‘. Der Film war als Trickfilm bei den Filmtagen ausgeschrieben.“

– Und da haben Sie versucht, Ihren Kindern die französische Filmkultur etwas näher zu bringen?

„Ja, aber dafür sind sie einfach noch etwas zu klein. Das haben sie nicht alles verstanden. Es lag aber nicht nur an der französischen Sprache, sondern auch am Inhalt, der war einfach zu schwer. Mit der Kapitalismuskritik konnten die Kinder dann doch nicht so viel anfangen.“

– Und worauf warten Sie jetzt gerade?

(lacht) „Auf keine Film mehr, wir warten nur darauf, dass wir uns am Buffet ergötzen dürfen.“

Der alteingesessene Fan

Die Französischen Filmtage sind rot im Kalender markiert, das Programm genau studiert. Harald (55):

„Ich war nun schon öfters bei den Filmtagen und kann auch französischen Filmen im Allgemeinen sehr viel abgewinnen. Ich muss aber auch sagen, dass die Veranstalter die Filmtage jedes Jahr noch besser hinbekommen.“

– Dann sprechen Sie bestimmt auch gut Französisch?

„Das leider nicht (lacht). Aber meistens versteht man dann doch das Wichtigste. Es gibt ja auch Untertitel!“

Die Franzosen

Sie sind sehr angetan von dem breiten Angebot der Filmtage und nutzen dieses ausgiebig. Dabei freuen sie sich darüber, ein Stück Heimat in Deutschland zu haben. So auch Sylviane (49):

– Welche Filme haben Sie gesehen?

„Ich habe bis jetzt 9 Filme gesehen, die mir alle sehr gefallen haben.“

– Welcher war ihr Lieblingsfilm?

„ ‚Qui vive‘ von Marianne Tardieu. Darin geht es um die Jugendlichen in der banlieue (ärmlicher Vorort, Anm. d. Red.). Interessant war, dass die Produktion so billig war, nur ungefähr 6000€. Es ist erstaunlich, was sie daraus gemacht haben.“

– Sie scheinen ja eine begeisterte Besucherin der Filmtage zu sein. Woher kommt das?

„Die Atmosphäre ist ganz toll, aber die Filme sind einfach das Wichtigste. Ich bin Französin, wohne aber hier in Tübingen und für mich ist es natürlich wunderbar, Filme auf Französisch zu sehen. Sonst kann ich das nur im Fernsehen. Ich habe auch das Gefühl, dass dieses Jahr noch mehr Regisseure und Schauspieler zu Gast sind.“

– Haben sie auch die Möglichkeit der Diskussionen genutzt?

„Ja, ich bin danach immer da geblieben. Das waren immer interessante Gespräche. Bis auf die beim Film „Au fil d’Arianne“ von Robert Guédiguian. Da war ein Schauspieler da und es war ein bisschen enttäuschend, dass es keine Fragen vom Publikum gab. Aber ich fand den Film nun auch nicht so gut, dass ich eine Frage stellen wollte.“ (lacht)

Die Studierenden

Das Festival findet in Ihrer Studentenstadt statt. Also wieso nicht mal schauen, was da so los ist? Diese Einstellung vermittelten Philipp (25) und Daniela (25):

– Was schaut ihr euch an?

„ ‚Le grand homme‘, der hat etwas mit Afghanistan zu tun, Krieg und so. Aber das ist jetzt der erste Film von den Filmtagen, den wir gucken.“

– Habt ihr irgendeine besondere Verbindung zu Frankreich, oder seid ihr einfach nur hier um reinzuschnuppern?

„Nein, also wirklich eher zum Reinschnuppern. Jetzt, wo man mit so einem schönen Filmfest die Möglichkeit vor Ort hat. Wir mögen französische Filme jetzt auch nicht mehr als andere“

– Wart ihr in den letzten Jahren auch schon mal hier?

„Da haben wir es leider immer verpasst, aber dieses Jahr haben wir es uns fest vorgenommen, dabei zu sein.“