Die vorläufigen Ergebnisse der StuRa-Wahl sind da: Fachschaftenvollversammlung (FSVV) und Grüne Hochschulgruppe (GHG) gehen mit je vier Sitzen als stärkste Kräfte hervor. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und die Liberale Hochschulgruppe (LHG) können jeweils drei Sitze erlangen. Die Hochschulgruppe der Jusos erhält den Stimmen nach zwei Sitze im StuRa und auch [’solid].SDS ist mit einem Vertreter wieder in das Gremium gewählt worden. Die LISTE hingegen verpasste den Einzug. (mehr …)
Uni Inside
Protestzug gegen Tierversuche
Es ist 12.30 Uhr, ein sonniger Samstag. Vor der Treppe der Neckarbrücke versammeln sich Menschen. Aus einem Megafon ertönt eine Stimme, Plakate werden in die Luft gehalten. „Tierrechte sind auch Menschenrechte“ steht auf einem der Plakate geschrieben. Gekommen waren rund 500 Menschen, um auf der mittlerweile vierten Tübinger Demonstration gegen Tierversuche teilzunehmen.
Aufgekommen war die Kontroverse um Tierversuche im Allgemeinen und um das Max Planck Institut in Tübingen im Besonderen, nachdem Bildern und Videos veröffentlicht wurden, welche Versuchstiere, insbesondere Affen, im schwerkranken Zustand zeigten. Das Aufgreifen der Thematik durch namhafte Blätter wie die Zeit, FAZ und Spiegel schärfte den Fokus der Öffentlichkeit zu diesem Thema. Dies warf die moralische Frage auf, ob das Leiden von Tieren für die Medikamente der Menschen nicht einen zu hohen Preis erfordert.
Protest lässt nicht nach
Dieser Meinung, dass der Preis zu hoch sei, waren die Demonstranten, welche sich aus vielen Freiwilligen, aber auch Organisationen wie Ärzte gegen Tierversuche, Animal Peace, Tier im Fokus, Tierrechtsorganisation Stuttgart und noch weiteren zusammensetzten.
Organisiert wurde die Demonstration von Friedrich Mülln (SOKO Tierschutz Tübingen), welcher bereits drei weitere Demonstrationen in Tübingen und Stuttgart zu diesem Thema auf die Beine gestellt hatte.
Der Verein SOKO Tierschutz Tübingen setzt sich für die Abschaffung der Nutztierhaltung und für die Beendigung von Tierversuchen ein. „Für die Forschung, jedoch gegen die falsche profitorientierte Forschung“, fasst Friedrich Mülln ihr Anliegen zusammen.
Sprechchöre in der Wilhelmstraße
Gegen 13 Uhr setze sich der Demonstrationszug von der Neckarbrücke in die Richtung des Max Planck Institutes in Bewegung, dabei durchquerten die Demonstranten die Wilhelmstraße. Etwa 500 bis 600 Menschen nahmen insgesamt teil.
„Tierversuche gehören abgeschafft“ oder „Freiheit für die Affen“, waren nur einige Sprüche aus den Sprechchören. Die Menge hielt schließlich beim Max-Planck-Institut und setze ein Zeichen für ihren Protest.
Danach kehrte die Demonstration um und begab sich zur Neuen Aula, wo sich der Demonstrationszug nach einer Abschlusskundgebung gegen 16:15 langsam auflöste.
Fotos: © SOKO Tierschutz e.V. / C. Adam
Zwischen Moral und Menschenrechten
Darf man einem Diktator drei gepanzerte S-Klassen verkaufen? Solche und ähnliche Fragen mit dem Schwerpunkt „Verantwortung bei der Einhaltung von Menschrechten“ wurden auf einer Podiumsdiskussion am vergangenen Dienstag im Weltethos-Institut Tübingen im Rahmen der Menschenrechtswoche unter der Leitung der UN-Hochschulgruppe und der Liberalen Hochschulgruppe beantwortet.
Im ernst-professionellen Ambiente des Weltethos-Instituts nehmen die Gäste Dr. Wolfram Heger, Julia Otten und der nicht nur in Tübingen bekannte Professor Dr. Jochen von Bernstorff Platz. Sie lassen sich aus den voll besetzen Reihen begutachten. Unter der Moderation von Dr. Christopher Gohl sollen die Experten allgemeinen Fragen und denen des durchaus kritischen Publikums standhalten und beantworten. Vor allem Herr Dr. Heger wird von Anfang an misstrauisch beäugt. Als Senior Manager im Corporate Responsibility Management bei der Daimler AG vertritt er in dieser Diskussion Sichtweisen aus der Wirtschaft. Julia Otten hingegen ist Referentin für zukunftsfähiges Wirtschaften in globalen Lieferketten. Sie arbeitet bei Germanwatch e.V. und betrachtet die Thematik eher aus der Konsumentenperspektive. Ein wohlbekanntes Gesicht ist Herr Professor Dr. Jochen von Bernstorff. Er ist an der Universität Tübingen Dozent für Völkerrecht, Staatsrecht und Menschenrechte und ist offen für alle juristischen Fragen.
Verantwortung der Wirtschaft
Nach einführenden Beispielen durch die Referenten zum Thema Menschenrechtsverletzungen wird klar, dass der Fokus dieser Veranstaltung und somit die zu diskutierende Verantwortung klar im ökonomischen Bereich liegt. Zentral sind Firmen, die im Ausland produzieren und deren Sorgfaltspflicht zur Wahrung der Rechte vor Ort. Gohl weist darauf hin, dass dennoch zwischen Mikro-, Meso- und Makroebene unterschieden werden muss, also zwischen dem eigenen Gewissen und der Verantwortung der Staaten. Als primären Pflichtenträger zum Schutz von Menschenrechten sieht von Bernstorff die Staaten, er zeigt dabei die drei juristischen Dimensionen der Unterlassungs-, Schutz- und Leistungspflicht von Staaten auf. Otten kritisiert die Inkohärenz zwischen Klagemöglichkeiten für Investoren und Menschen, die in ihren Rechten verletzt worden sind und sieht eine deutsche gesetzliche Definition zur Wahrung der Menschenrechte durch Unternehmen für absolut nötig. Heger begründet am Beispiel des Bangladesch-Brandes seine Sorge, dass die staatliche Schutzpflicht immer häufiger von Unternehmen zwangsläufig übernommen wird, um das Missmanagement der Staaten auszugleichen.
Motivation für Firmen
Leider ist in der Praxis festzustellen, dass Menschenrechte sich weder als Werbemaßnahmen von Unternehmen eignen, noch ihnen helfen, sich im Wettbewerb von der Konkurrenz zu differenzieren. Dennoch gibt es laut Heger drei aussagekräftige Gründe, sich auch und vor allem als Unternehmen für die Rechte der Menschen, die in der Wertschöpfungs- und Produktionskette beteiligt sind, einzusetzen: Erstens sei es „the only rigth thing to do“, also aufgrund von ethischer und moralischer Richtigkeit erstrebenswert. Zweitens gibt es zu dieser Thematik immer mehr Rückfragen von der Kundenseite und als letzten Punkt gibt er an, dass es nicht zielführend sei, wenn ein Produkt mit Menschenrechtsverletzung assoziiert werde. Durch systematisches Vorgehen soll dies, zumindest bei der Daimler AG, unter anderem durch die Überwachung der Zulieferer und Warengruppen, Abwägen von Risiken im Produktionsland und präventiven Maßnahmen in die Praxis umgesetzt werden.
„Noch viele schwarze Schafe“
Vor allem von Bernstorff lässt verlauten, dass noch nicht alle Firmen so weit fortgeschritten im Menschenrechtsdiskurs sind wie Heger vorgibt. Er weist auf häufiges staatliches Versagen hin, vor allem auch unter dem Punkt der Korruption. Viele Unternehmen würden schwache Länder nutzen, um sich einen ökonomischen Vorteil zu verschaffen. Sieht man nur diese eine Seite der Medaille und hat eine ausschließlich ökonomische Logik, so sei das nachvollziehbar, allerdings massiv menschenrechtswidrig.
Im Zuge der Thematik der Moral in Unternehmen wurde dann auch die Frage mit den S-Klassen geklärt: Heger legt zunächst Wert auf das Hintergrundwissen, dass sich Systeme ändern und zeigt dies am Beispiel Libyens auf. Es geht häufig um Einzelfallentscheidungen, die eingehend geprüft werden und im Falle einer Menschenrechtsverletzung werden Aufträge auch einmal nicht ausgeliefert. So bekommt also nicht jeder Diktator ein schönes Auto aus dem Schwabenland, was auch noch nach der Diskussion beim Getränkeempfang für den ein oder anderen Lacher sorgte.
Fotos: Veranstalter Menschenrechtswoche
Der/die/das StuRa?
Überraschenderweise gibt es immer noch einige Studierende, die nicht wissen, was der Studierendenrat, kurz „StuRa“, ist. Dabei ist es wichtig, sich mit dem StuRa auseinanderzusetzen, immerhin vertritt er unsere Interessen in der Hochschulpolitik und verfügt über jede Menge Geld, das wir Studierenden bezahlen. Am 31. Juni und 1. Juli sind StuRa-Wahlen, eine Gelegenheit für alle Studierenden, mitzubestimmen, wer uns in den nächsten zwei Semestern vertreten wird.
Den StuRa gibt es noch nicht lange. Erst vor zwei Jahren hat er den AStA abgelöst, der deutlich weniger Befugnisse und finanzielle Mittel zur Verfügung hatte. Denn erst seit 2012 — unter der rot-grünen Landesregierung — ist eine Verfasste Studierendenschaft in Baden-Württemberg wieder erlaubt, also eine gesetzlich verankerte Studierendenvertretung. Studierendenschaft meint alle eingeschriebenen Studierenden einer Universität, „verfasst“ ist diese, wenn sie eine gesetzlich verankerte Körperschaft öffentlichen Rechts darstellt.
Der StuRa: demokratisches Privileg
Die Verfasstheit der Studierendenschaft ist nicht selbstverständlich, in Bayern zum Beispiel ist die Studierendenschaft keine eigene Teilkörperschaft der Hochschule und kann so zum Beispiel nicht eigenständig Verträge abschließen oder Verhandlungen führen. In Tübingen jedoch hat der StuRa seit 2012 diese Möglichkeit: So ist die Hauptaufgabe des StuRas, alle Studierenden der Uni Tübingen auf hochschulpolitischer Ebene zu vertreten. Damit er diese Aufgabe umsetzen kann, bezahlen alle Studierenden zu Semesterbeginn sechs Euro an den StuRa. Bei etwa 28.000 Studierenden ergibt das eine Summe von rund 170.000 Euro pro Semester. Die Verfügung über diese Geldmittel gibt dem StuRa eine hohe Entscheidungsgewalt und enorme Kompetenzen innerhalb der Studierendenschaft.
Sieben Listen – 21 Mitlgieder
Der StuRa besteht aus 21 studentischen Mitgliedern. 17 dieser Mitglieder werden durch die geheime Listenwahl bestimmt, die in diesem Semester am 31. Juni und 1. Juli abgehalten wird. Die restlichen vier Mitglieder sind studentische Senatsmitglieder, die ebenfalls von den Studierenden gewählt werden. Die StuRa-Mitglieder gehören verschiedenen Hochschulgruppen an: In diesem Semester stellen sich der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die Hochschulgruppe der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten (Jusos), die Grüne Hochschulgruppe (GHG), die Liberale Hochschulgruppe (LHG), der sozialistisch-demokratische Studierendenverband (solid.SDS), die LISTE (eine der PARTEI-treuen Hochschulgruppe), und die Fachschaften-Vollversammlung (FSVV) zur Wahl. Im Gegensatz zu den anderen Hochschulgruppen steht die FSVV keiner politischen Partei nahe.
Anwesenheitspflicht abschaffen?
Der StuRa stellt die Legislative der Studierendenvertretung dar. Es gibt zwei Vorsitzende und einen Finanzreferenten, die die Exekutive bilden und an die Beschlüsse des StuRas gebunden sind. Die Exekutive richtet Arbeitskreise und –gruppen ein, in welchen sich alle Studierende der Uni Tübingen einbringen können.
Durch unsere Stimmabgabe bei der Wahl in knapp eineinhalb Wochen können wir bestimmen, wie sich der StuRa in den nächsten zwei Semestern zusammensetzen und somit für welche Themen er sich einsetzen wird.
Wofür genau die einzelnen Hochschulgruppen stehen, werdet ihr in Kürze hier bei der Kupferblau erfahren können. Denn nur, wer sich gründlich informiert und dann wählen geht, kann beeinflussen, was in den nächsten zwei Semestern an der Uni passieren und sich eventuell verändern wird. Immerhin geht es um Fragen, die alle Studierenden betreffen, wie zum Beispiel die Anwesenheitspflicht bei Veranstaltungen, das Angebot des Hochschulsports, die Höhe des StuRa-Beitrages, Fragen der Transparenz in der Arbeit des StuRa und vieles mehr.
Gewählt wird:
am Dienstag, 30. Juni und Mittwoch, 1. Juli jeweils von 9 bis 17 Uhr
Ort (nach Fakultätszugehörigkeit):
— Evangelisch-Theologische Fakultät, Katholisch-Theologische Fakultät, Juristische Fakultät, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät ( nur Geowissenschaften und Psychologie), Zentrum für Islamische Theologie: Hörsaalgebäude Kupferbau, Foyer
— Philosophische Fakultät: Neuphilologie, Eingangshalle
— Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät (Biologie, Chemie, Informatik, Mathematik, Pharmazie und Biochemie, Physik): Hörsaalzentrum Morgenstelle, Foyer
— Medizinische Fakultät (alle Studiengänge): Neuklinikum Schnarrenberg, Eingangshalle
Bilder:
Dennis Skley/Flickr: Dein Kreuz für ROT! CC Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/
René Gademann/Flickr: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/
Der Wahl-Check
Es geht in die heiße Phase: Die Hochschulwahlen rücken immer näher. Am 30 Juni und 1. Juli stehen auf dem Campus die Wahllokale offen. Studierende entscheiden an den Urnen auch über die neue Zusammensetzung des Studierendenrats (StuRa). Das ist die Vertretung aller Studierenden. Der StuRa verfügt seit einer Reform über viel Geld – pro Semester etwa 170.000 Euro. Doch welche Gruppen stehen eigentlich zur Wahl? Und vor allem: Worin unterscheiden sie sich inhaltlich? Kupferblau hat den Hochschulgruppen-Vergleich gemacht und stellt sie euch vor:
Für die Kommentare der jeweiligen Parteien zu ihren Antworten, einfach mit der Maus kurz auf dem jeweiligen Antwortkästchen bleiben.
1. Es dringen immer noch sehr wenige Informationen über den StuRa und seine Aufgaben an die Öffentlichkeit. Sollte das geändert werden?
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2. Ihr habt einzelne Arbeitskreise (AKs) für unterschiedliche Themen. Es gibt jedoch nach wie vor keine Ansprechpartner der AKs, an die man sich wenden könnte. Seid ihr für die Einführung solcher Ansprechpartner?
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3. Hochschulgruppen können Anträge auf Förderung beim StuRa stellen, über die dieser entscheidet. Seid ihr dafür, eine Liste einzuführen, auf der alle Anträge (sowohl angenommene, als auch abgelehnte) veröffentlicht werden?
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4. Thema Finanzen: Schätzungen zu Folge erhält der StuRa pro Semester circa 170.000€ von den Studierenden. Seid ihr dafür, die wichtigsten Zahlen aus eurem Haushalt zusammengefasst auf der Website zu veröffentlichen?
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5. Alle Studierenden bezahlt mit dem Semesterbeitrag 6€, die an den StuRa gehen. Seid ihr dafür, den StuRa-Beitrag zu senken?
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6. Seid ihr für eine Abschaffung der Anwesenheitspflicht?
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7. Seid ihr für eine Wiedereinführung des kostenlosen Basisprogramms beim Hochschulsport?
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8. Seid ihr dafür, das Clubhaus wieder in studentische Verwaltung zu geben?
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Neben den „etablierten Gruppen“ stellt sich zum ersten Mal „Die LISTE“ zur Wahl, ein Ableger der Spaßpartei „Die PARTEI“. Wer noch mehr über die Schwerpunkte und Ansichten der Gruppen erfahren möchte: Bald gibt es auf unserer Seite Videointerviews mit den Vertretern der Parteien. Damit ihr euch am Wahltermin perfekt informiert fühlen könnt.
Der Beitrag wurde zusammengestellt von Julia Klaus, Lukas Weyell, Lisa Becke und Patrick Becker.
Mediendozentur – Die Vermessung der Seele
Bei der diesjährigen Mediendozentur sprach Prof. Miriam Meckel, Direktorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagment an der Univerisität St. Gallen und Chefredakteurin der Wirtschaftswoche, am Donnerstagabend im Festsaal über die digitale Vermessung des Menschen. (mehr …)
Mediendozentur – Die Vermessung der Seele
Bei der diesjährigen Mediendozentur sprach Prof. Miriam Meckel, Direktorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagment an der Univerisität St. Gallen und Chefredakteurin der Wirtschaftswoche, am Donnerstagabend im Festsaal über die digitale Vermessung des Menschen. (mehr …)
Drei auf einen Streich
Für alle, die sich für die Tübinger Vergangenheit interessieren oder beim Verwandtenbesuch glänzen wollen, stellen wir eine Reihe der einflussreichsten Tübinger Denker kurz vor. Wo haben sie gewohnt, wo gewirkt? Zum Auftakt: Die „Tübinger drei“ im Evangelischen Stift. (mehr …)
Ein Erklär-Bär wird Professor
Zu wenig Platz für all die Interessierten: Claus Kleber, erster Moderator des ZDF heute journals, hielt gestern im vollen Festsaal der Neuen Aula seine Antrittsvorlesung. Die Universität Tübingen konnte ihren ehemaligen Studierenden als neuen Honorarprofessor des Instituts für Medienwissenschaft gewinnen. Er sprach zum Thema „Rettet den Journalismus! -Wozu?“.
Der Saal war brechend voll. So viele waren gekommen, dass man zahlreiche Enttäuschte vor den Flügeltüren des großen Festsaals abweisen musste. Sie waren seinetwegen da: Dr. Claus Kleber, bekannter deutscher Moderator, Autor und Dokumentarfilmer, hielt die Antrittsrede zu seiner Honorarprofessur. „Es ist etwas ganz anderes, vor so vielen Menschen zu stehen, statt in eine Kamera zu sprechen“, witzelte er zu Beginn. Das Thema seiner Rede ist gesellschaftlich brandaktuell: Wird der Journalismus im Social-Media-Zeitalter noch gebraucht, wo doch prinzipiell jeder zum Nachrichten-Versender werden kann? Was erwartet abgehende Studierende als angehende Journalisten? Und: Was muss sich im Journalismus ändern, was hat sich bereits geändert?
Heiter weiter?!
„Es war ein großer Fehler zu denken, das Internet sei nur ein neuer Weg, um alte Sachen zu verbreiten“, sagte Claus Kleber beinahe wehmütig. Der Medienmacher legte Zahlen vor, die die Abwanderung der jüngeren Generationen vom linearen Fernsehen ins Internet belegten. Die Entwicklung und Reaktionen der Redaktionen auf die Digitalisierung beschrieb er im Zeitraffer als „Heiter weiter – Rein ins Netz – Zukunft: Social Media“. In gewohnter Kleber-Manier brachte er Komplexes auf den Punkt. Ein Erklär-Bär, der dabei nicht belehrend wirkt oder gar lamentiert.
Globales Dorf bauen
Claus Kleber, der in Tübingen ganze 14 Semester Jura studierte und anschließend promovierte, ging geschichtlich noch weiter zurück. Der erfolgreiche Langzeitstudent beschrieb die Verbreitungswege von Nachrichten in den drei Phasen der so genannten Gutenberg-Parenthese: Wurde Wissen anfangs noch vom individuellen Umfeld geprägt, so erweiterte sich in einer zweiten Phase der Horizont der Menschen: die Massenmedien trugen Nachrichten „über die Dorfäcker hinaus“. In der dritten Phase, in der wir uns laut Kleber momentan befänden, dominiere durch digitale soziale Netzwerke wieder der individuelle Austausch. Dies sei in dem Sinne ein Rückfall. „Durch Social Media baut man sich sein eigenes globales Dorf“, erläuterte Kleber. Problematisch daran sei zum Beispiel, dass Facebook-Freunde oftmals ähnliche Meinungen hätten wie man selbst. In den geposteten Nachrichten lese man dann oft nichts Neues. „Was Sie schon wissen, wird wiederholt“, meinte Kleber.
Gesucht: digitale Pioniere
Dabei fehle es neben der Konfrontation mit anderen Meinungen auch an einer Einordnung, längerfristigen Begleitung von Themen und deren Bewertung. Eben dies sei die Leistung und der Mehrwert von Journalismus. So zog Kleber ein hoffnungsvolles Fazit und machte angehenden Journalisten Mut: „Ich bin überzeugt, dass es einen Markt für die journalistische Arbeit gibt. Wir brauchen Leute, die den Tag bewerten und einordnen.“ In seinem Seminar im kommenden Wintersemester wird er sich mit journalistischen Themen befassen und man darf gespannt sein, welche Projekte Tübingens Langzeitstudent mit seinen Studierenden angehen wird.
Fotos: Christoph Jäckle
Ein Langzeitstudent kehrt zurück
Claus Kleber kennen die meisten als Moderator vom ZDF heute journal. Was weniger bekannt ist: Er hat in Tübingen studiert. Ihren ehemaligen Langzeitstudenten konnte die Universität Tübingen als Honorarprofessor am Institut für Medienwissenschaft gewinnen. Kupferblau hat ihn vor seiner großen Antrittsvorlesung interviewt.
Seine tiefe, angenehme Stimme mutet nahezu familiär an. Claus Kleber, Moderatorengröße, Dokumentarfilmer und Autor, sitzt im Tübinger Brechtbau und erzählt von seinen Plänen. Einen Tag vor seiner Antrittsvorlesung in der Neuen Aula wirkt er entspannt, dabei jagt ein Termin den nächsten. Es liegt bereits eine Pressekonferenz hinter dem Medienprofi, der in Tübingen 14 Semester Jura studierte.
Kupferblau: Herr Kleber, herzlich willkommen an Ihrer alten Universität. Diesmal als Professor. War es Ihnen beim Fernsehen zu langweilig?
Kleber: Ganz im Gegenteil: Ich fühle mich in meinem aktuellen Rahmen sehr wohl und will da nicht raus. Aber mit und in meiner Arbeit möchte ich auch immer wachsen: bessere Sendungen und Dokumentationen zu machen gehört dazu. Was mir noch fehlt, ist das „Professorale“. Damit meine ich vor allem die direkte Arbeit mit Studierenden. Ich freue mich sehr auf einen Austausch auf Augenhöhe.
Kupferblau: Was genau erwartet diejenigen Glücklichen, die es im Wintersemester in Ihr Seminar schaffen?
Kleber: Es werden Blockseminare sein, weil ich nicht jede Woche hier sein kann, sondern manchmal an den Tisch in Mainz gekettet bin (lacht). Wir werden projektbezogen, praktisch und in kleinen Gruppen arbeiten. Ich suche den direkten Kontakt. Die Antrittsvorlesung wird glaube ich auf lange Zeit meine einzige große Rede hier sein.
Dr. Claus Kleber stammt aus Reutlingen. In Tübingen studierte der heute 59-Jährige ganze 14 Semester Jura. Während seines Studiums arbeitete er bereits für den Südwestfunk (SWF) und lernte dort sein „Handwerkszeug“, wie er es nennt. Seine Amerika-Affinität trieb ihn nach Washington, wo er 1997 die Leitung des ARD-Studios übernahm. Erster Moderator vom heute journal ist er seit 2009.
Kupferblau: Sie bezeichnen sich selbst als „ewigen Studenten“. Was sagen Sie zum Thema Regelstudienzeit?
Kleber: Ich bin kein großer Freund von der Regelstudienzeit, aber auch Chillen ist auf Dauer kein Konzept. Mein persönliches Credo lautet, dass die Zeit als Studierender eines der schönsten Kapitel im Leben ist. Man kann Dinge ausprobieren und über die eigenen Grenzen hinaus schauen. Dafür sollte man sich Freiräume schaffen. Mein Rat: „Think outside the box“: nicht nur das machen, was in den Studienordnungen steht.
Kupferblau: Ihr Traum war schon damals, Amerika-Korrespondent zu werden. Wieso haben Sie dann Jura studiert?
Kleber: Ich habe nach einem Studium gesucht, das mir auch andere Wege offen hält. Außerdem waren die Medien-Studienfächer, als ich 1974 angefangen habe, eher etwas für „Paradiesvögel“. Jura hat mir auch richtig Spaß gemacht. Ich habe dort zwei wichtige Dinge gelernt: Themen von verschiedenen Seiten zu betrachten. Und das Wesentliche aus dem Komplexen herauszulesen. Letztlich habe ich mich aber doch für den alten Traum entschieden und es nicht bereut. Ich warte tatsächlich noch auf den ersten Tag, an dem ich nicht zur Arbeit gehen möchte.
Kupferblau: In Ihrer Antrittsvorlesung sprechen Sie über die Zukunft des Journalismus. Gibt es diesbezüglich etwas, das Sie den Studierenden mitgeben wollen?
Kleber: Vor allem möchte ich meine Begeisterung für den Journalismus weitergeben und auch Angst nehmen. Es ist kein prekäres Fach, in dem man nicht unterkommt oder eines, das momentan so grundstürzend verändert wird, dass man gar nicht weiß, wo man landet. Für mich persönlich ist es der beste und interessanteste Job, für den man ein Leben lang brennen kann.
Kupferblau: Herr Kleber, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Die Antrittsvorlesung von Dr. Claus Kleber findet am 2. Juni um 18 Uhr im Festsaal Neue Aula statt. Er spricht zum Thema „Rettet den Journalismus! – Wozu?“
Das Interview führte Julia Klaus.