Sorau ist heute polnisch und heißt Żary. Die kleine Stadt in der Niederlausitz hat Konrad Rumbaurs Kindheit geprägt, die Flucht aus ihr im zweiten Weltkrieg sein ganzes Leben. Der Heimatvertriebene und Herausgeber der „Sorauer Heimathefte“, der heute in Hirschau lebt, erzählt, wie er sein altes Zuhause wiederentdeckt hat und warum es gefährlich ist, Heimat zu romantisieren.
Krieg
durchgeblättert: Findungsort wider Willen
In jedem zweiten Haus in der Altstadt scheint schon mal ein berühmter Schriftsteller gewohnt zu haben. Doch wie genau war ihr Leben in Tübingen? Eine Übersicht in fünf Teilen. Teil 5: Hesse, Zweig und die Selbstverwirklichung in Tübingen.
Tübinger Geschichten: Ober- und Unterstadt
Entspannt auf der Neckarmauer, als barfuß verschrien, weltoffen und traditionell – das ist Tübingen, wie wir es kennen und lieben. Heute: Berg und Tal im Krieg?!
Inszenierte Unprofessionalität
Er ist der Dude, der in Syrien geweint hat, der seinen Job als Sportreporter kündigte, um aus einem Kriegsgebiet zu berichten. Am 28.11.16 war Hubertus Koch zu Gast bei Querfeldein im Ribingurumu. (mehr …)
Rüstungsromantik
Im Rahmen der Ernst-und-Karola-Bloch-Woche wurde der Film „Meister des Todes“ von Daniel Harrich im Club Voltaire vorgeführt. Er ist Teil eines größeren Bildes – der „Stop Wars“ Kampagne der SDAJ, die sich für Widerstand gegen lokale Kriegsprofiteure einsetzt. Der ARD-Spielfilm ist ein schwaches Beispiel journalistischer Aufklärungsarbeit, bot jedoch Anlass zum Austausch.
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Den Opfern eine Stimme geben
„Mir war es wichtig, dass diese Frauen einmal zu Wort kommen dürfen. Das ist meine Auffassung von Gerechtigkeit.“ Diese Worte der Regisseurin Claudia Schmid beschreiben die Absicht ihres Films „Voices of Violence“ über misshandelte Frauen im Kongo. Im Rahmen der Tübinger Menschenrechtswoche wurde der Dokumentarfilm am Mittwoch im Kino Arsenal gezeigt.
„Einer muss aufgeben, sonst ist bald wirklich Krieg"
In der Ostukraine wird gekämpft. Die eine Seite bilden ukrainische Truppen verbündet mit Freiwilligenmilizen, die andere von Russland unterstützte Milizen und – was Moskau bestreitet – russische Truppen. Die letztgenannte Seite will die Ostukraine vom Rest des Landes abspalten und in die russische Föderation eingliedern; die ukrainische Armee will dies verhindern. Die Kämpfe begannen im Februar letzten Jahres; angesichts der stetigen Eskalationen sprechen (spätestens) seit August 2014 viele von einem Krieg.
Eine andere persönliche Sicht auf das Geschehen haben die Tübinger Studierenden namens Nikita Timofeev-Zakharov und Vlad Lensky; sie sind in Russland beziehungsweise der Ukraine aufgewachsen. Im Interview sprechen sie über ihre Ansichten, ihre Verwandten und Freunde aus der Heimat und auch davon, was in den großen Medien ihrer Herkunftsländer zum Thema verbreitet wird.
Kupferblau: Nikita/Vlad, was genau passiert in der Ostukraine?
Nikita Timofeev-Zakharov: Ich sehe dort eine Krise, die sich immer weiter zuspitzt. Wenn nicht eine der beiden Parteien bald aufgibt, wird früher oder später Krieg sein. Und das will niemand.
Vlad Lensky: Laut den ukrainischen Journalisten herrscht dort „ukrainisch-russischer Krieg“. Für mich persönlich ist es – noch – ein Konflikt. Mit meiner Herkunft bin ich da natürlich nicht nur rational.
Kupferblau: Kämpfen russische Soldaten in der Ostukraine, offiziell vom Kreml entsandt?
Nikita T.-Z.: Nein. Es hieß, es gab 3-5 russische Soldaten, die dort gekämpft haben und gestorben sind, mehr nicht. Wären dort mehr, hätte es in dieser Krise insgesamt schon viel, viel mehr Tote gegeben. Dann wären auch die USA schon längst involviert, hätten Truppen geschickt.
Vlad L.: Es kommt auf jeden Fall Hilfe von außen. Anders wären Donezk und Luhansk (die beiden Hochburgen der prorussischen Separatisten in der Ostukraine – d. Red.) schon längst wieder in der Hand der ukrainischen Armee; alleine sind die Separatisten ihr zahlenmäßig klar unterlegen.
Kupferblau: … und wie sieht es mit Waffenlieferungen aus Russland aus?
Nikita T.-Z.: Waffen wurden geschickt, das sagen auch meine Moskauer Verwandten. Präsident Putin bestreitet das ja.
Vlad L.: Russland hat Waffen geschickt, auch Panzer, da bin ich mir sicher. Das wird bestimmt auch bald bewiesen werden.
Kupferblau: Wie ist deine Meinung zur aktuellen ukrainischen Regierung?
Nikita T.-Z.: Ich traue ihr nicht so ganz; sie kam im Chaos an die Macht. Arsenij Jazen-juk (der aktuelle ukrainische Ministerpräsident –Anmerkung d. Red.), das ist für mich ein Nazi, und manch anderer Politiker dort auch. Speziell in der Westukraine gibt es viele Bürger, die grundsätzlich ähnlich denken wie diese Politiker. Manche dieser Menschen haben Angst vor uns Russen; wieder andere sind generell immer gegen uns. Letzteres sehe ich übrigens teilweise auch hier in Deutschland, zumindest in den alten Bundesländern.
Vlad L.: Gut. Aber sie hat es natürlich schwer. Die politische Lage ist kritisch, und das schon seit November 2013, als Janukowytsch (der damalige ukrainische Präsident – Anmerkung d. Red.) das Assoziierungsabkommen mit der EU eingefroren hat. Da kamen ja dann die Aufstände auf dem Maidan (Proteste von Hunderttausenden Ukrainern im Zeitraum November 2013 bis Februar 2014 gegen die damalige ukrainische Regierung; der Maidan ist ein Platz in Kiew – Anmerkung d. Red.). Ich kenne Leute, die da dabei waren.
Kupferblau: Wie siehst du das umstrittene Referendum auf der Krim vom März 2014? Laut offiziellen Angaben stimmten dabei 96,77 % der Bewohner der damals ukrainischen Halbinsel Krim für einen Anschluss an Russland, der kurz darauf vollzogen wurde.
Nikita T.-Z.: Das war legitim, warum auch nicht? Die Krimbewohner wollten zu Russland, ihnen geht es jetzt besser. Die Ostukrainer sehen das übrigens ähnlich. Von ihnen sind einige mittlerweile in Russland, sie sind wegen der Kämpfe dort hin geflohen, haben Asyl beantragt und bekommen – laut den russischen Medien bereits 730.000 Menschen.
Vlad L.: Das Referendum war gefälscht; die Krim wurde annektiert. Manche Ukrainer meinen, Putin hätte das schon jahrelang geplant. Zu den Krimbewohnern: Meine Bekannten in Odessa sagen, es gibt dort eine kleine, aber relativ gefährliche linksradikale Gruppe; die hätten es, so meine Bekannten, den Separatisten früher oder später nach-gemacht. In dem Fall sähe es auf der Krim jetzt genauso aus wie in Donezk und Luhansk. Man könnte also sagen, es war die friedlichere Lösung so – ich bin da noch unentschieden.
Kupferblau: Sprechen wir über das malaysische Verkehrsflugzeug MH17. Es startete am 17. Juli 2014 mit dem Ziel Kuala Lumpur in Amsterdam, wurde bald darauf über dem Luftraum um Donezk von einem Flugobjekt getroffen, wobei sämtliche 298 Insassen starben. Das Flugobjekt war – nach aktuellem Stand der Ermittlungen – eine Boden-Luft-Rakete; als Täter verdächtigen viele die Separatisten. Was wird in den Medien eurer Länder dazu verbreitet?
Nikita T.-Z.: In den Medien in Russland hieß es zunächst, die Rakete kam von der ukrainischen Armee, und später, von den prorussischen Separatisten; diese hätten das Flugzeug für ein militärisches gehalten, eins ihrer Gegner. Somit wäre es ja ein Unfall gewesen – ein schrecklicher natürlich.
Vlad L.: Die Separatisten waren es, tatsächlich, so wird es in den ukrainischen Medien verbreitet und: Die Täter hätten zuvor gewusst, dass es nur ein Verkehrsflugzeug ist. Noch mal zu meinen Bekannten in Odessa: Die meinen, die Separatisten hielten es vielleicht auch für ein Militärflugzeug.
Kupferblau: Noch eine Frage nur an dich, Nikita: Wie siehst du die allgemeine politische Lage in deinem Heimatland?
Nikita T.-Z.: Eine Demokratie im westlichen Sinne hat Russland nicht; es gibt aber Pressefreiheit*, also ist es auch keine Diktatur. Seitdem ich die politischen Entwicklungen verfolge, sehe ich eine Art Übergangszustand. Meines Erachtens dauert der schon seit dem Mauerfall an. 25 Jahre, das ist nicht so viel, wie manch ein Mensch aus der „westlichen Welt“ glauben mag. Die älteren Russen sind größtenteils unzufrieden mit der aktuellen Lage; sie wünschen sich den Kommunismus zurück. Meine russischen Großeltern tun das auch.
* Anmerkung des Redakteurs: Moskau diskutierte im Herbst letzten Jahres über die Verabschiedung eines landesweiten Gesetzes, das ausländische Medienbeteiligungen auf 20 Prozent begrenzen sollte. Unabhängig davon berichtete der „Spiegel“ bereits im Jahre 2006, es habe in Russland in den vergangenen 14 Jahren 42 Journalistenmorde gegeben. Laut Angaben des Blattes lag das Land damit weltweit auf Platz drei der gefährlichsten Staaten für Reporter, nur noch übertroffen vom Irak und von Algerien. Präsident Wladimir Putin, seit 2012 und auch schon von 2000 bis 2008 im Amt, wird beschuldigt, regierungskritische Journalisten gezielt verfolgen und töten zu lassen. Als Symbol für diese Verfolgung gilt der (noch nicht vollständig aufgeklärte) Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja im Oktober 2006 in Moskau.
– Die Interviews unabhängig voneinander geführt-