Der Verein Querfeldein feierte am Donnerstagabend mit seiner 20. Veranstaltung im Ribingurumu das zweijährige Bestehen. Der Jubiläumsgast sollte ein ganz besonderer sein und war bis auf die letzte Minute vor der Veranstaltung noch unbekannt. Auf dem grünen Sofa nahm schließlich Platz: Micky Beisenherz, Moderator und Texter hinter vielen Formaten.
querfeldein
Querfeldein mit Janna Nandzik
Janna Nandzik ist nicht unbedingt das bekannteste Gesicht der Fernsehbranche. Als TV-Produzentin und Drehbuchautorin zieht sie die Fäden eher im Hintergrund. Aber das ziemlich erfolgreich: Sie war der Kopf hinter Christian Ulmen und Creative Direktor bei Tele 5. Ihre Serie „SNOBS – Sie können auch ohne Dich“ wurde für den Grimme-Preis nominiert. (mehr …)
Querfeldein mit Janna Nandzik
Janna Nandzik ist nicht unbedingt das bekannteste Gesicht der Fernsehbranche. Als TV-Produzentin und Drehbuchautorin zieht sie die Fäden eher im Hintergrund. Aber das ziemlich erfolgreich: Sie war der Kopf hinter Christian Ulmen und Creative Direktor bei Tele 5. Ihre Serie „SNOBS – Sie können auch ohne Dich“ wurde für den Grimme-Preis nominiert. (mehr …)
Sprachrohr in der Sprachlosigkeit
Sie selbst war zwei Jahre für Médecins sans frontières (MSF) in Malawi, obwohl sie eigentlich Biologie und Mathematik in Tübingen studierte. Im Rahmen der Menschenrechtswoche erzählt Dr. Ulrike von Pilar vergangenen Donnerstag in einer Querfeldein-Veranstaltung von ihrem Leben, humanitärer Hilfe allgemein und der Arbeit von Ärzte ohne Grenzen. (mehr …)
„Noch zwei Kurze"
Wie er dazu kam, die deutsche Nationalmannschaft beim WM-Finale abzulichten und was afrikanisches Schnick-Schnack-Schnuck ist, das und vieles mehr erzählte Fotograf Paul Ripke am 11.05.15 bei Querfeldein im Ribingurumu und bewies dabei, dass er ebenso sympathisch wie trinkfest ist.
Der punkaffine Weltenbummler
Manuel Möglich reist für seine Recherchen in die entlegensten Ecken Deutschlands und der Welt, immer auf der Suche nach bizarren, faszinierenden, aber auch verstörenden Geschichten. Am 27.04.15 war er Gast bei Querfeldein im Ribingurumu.
Gleich vier Kameras sind an diesem Montagabend auf die zwei Sessel in der Mitte des Raumes gerichtet und auch sonst wirkt hier vieles etwas anders, irgendwie geordneter als sonst. Das zahlreich erschienene Publikum wird zunächst von einem, zumindest von der Hüfte aufwärts Smoking tragenden Butler begrüßt, der auch gleich erste Aufklärungsarbeit leistet.
Man wolle die Veranstaltung heute professionell aufzeichnen, „fürs Fernsehen“, oder doch wenigstens für YouTube. Dementsprechend werden die Zuschauer dann schon mal angeheizt und ein bisschen applaudieren geübt. „Stellt euch vor, ihr wärt bei Markus Lanz und gleich kommen die Backstreet Boys!“ Ganz so schlimm wird es dann doch nicht, denn es kommt Manuel Möglich und „ja, ich heiße wirklich so, das ist kein Künstlername“ , betont er kurz darauf gleich selbst, als er von Moderator Max Scherer dazu aufgefordert wird sich kurz vorzustellen.
Den Menschen auf Augenhöhe begegnen
Zum Journalismus kam der „nur punkaffine“ Möglich, der selbst nie Punk gewesen sein will, nach seiner Arbeit beim Plattenlabel Zomba Records, bei dessen Erwähnung spontan etwas ‘N Sync-Mucke` eingespielt wird, die Jungs standen dort nämlich auch mal unter Vertrag. „Um weiterhin an kostenlose Platten und Konzertkarten zu kommen“, fing er schließlich an zuerst über Musik und schließlich auch über andere Themen zu schreiben.
Um seine Art Interviews zu führen und Reportagen zu machen dreht sich ein großer Teil des Abends. Bei diesem Thema wird Manuel nach dem lockeren Einstieg etwas sachlicher, man merkt, dass ihm das Thema wichtig ist.
Auf die Frage hin ob seine Darstellungen in der Reihe „Wild Germany“, beispielsweise zum Thema „Bugchasing“, dabei geht es um Menschen, die sich absichtlich mit dem HIV-Virus infizieren, überhaupt noch kritischem Journalismus entspräche, schildert er die „Denke“ hinter seiner Arbeitsweise. Er wolle den Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen Raum lassen. Neben den richtigen Fragen mache für ihn auch das Zuhören ein gutes Interview aus. Möglich will die Leute zum Nachdenken anzuregen: „Wenn Fernsehen das schafft ist schon viel erreicht.“ In Deutschland sieht er da aber noch Luft nach Oben und wünscht sich mehr Mut anstatt Reportagen mit „angezogener Handbremse“.
Kava in Samoa und Bier in Brasilien
Gezeigt werden an diesem Abend verschiedene Einspielern aus „Wild Germany“, aber auch Selbstproduziertes von Querfeldein bringen Abwechslung. Unter anderem wird eine Parodie auf die „Wild Germany“-Folge zum Thema Crystal Meth mit dem Namen „Anabolika im Neckartal“ gezeigt, in der neben Möglich, auch Boris Palmer einen Cameo-Auftritt hat. Zwischendurch serviert der Butler Getränke oder übernimmt kurzerhand für ein paar Minuten das Gespräch, während der Moderator „zur Toilette muss“.
Die Stimmung im Publikum bewegt sich zwischen Belustigung und Faszination über die Anektoden, die der Gast zum Besten gibt. So liest er aus seinem Buch „Deutschland Überall“ eine Passage über Samoa, genauer dessen Haupstadt Apia. Die dortige Erfahrung mit Kava, auch Rauschpfeffer genannt, einem lokalen Getränk, das aus der gleichnamigen Pflanze hergestellt wird, fand er selbst eher so „mittelwitzig“, den Zuschauern gefällt die Geschichte dafür umso besser.
Einige Lacher erntet auch die zweite Lesung aus dem Buch. Möglich zeichnet ein bizarres und doch anziehendes Bild von Palmen vor Fachwerkhäusern und Brasilianern, die Oktoberfest feiern und dabei „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ singen.
Neben Samoa und Brasilien besuchte er auf seiner Weltreise, von der das Buch handelt, auch noch einige weitere Länder, immer auf der Suche nach deutscher Kultur oder dem Deutsch-Sein allgemein. Auf seine Heimat sei er selbst zwar nicht stolz, findet es aber wichtig sich mit deren Vergangenheit auseinander zu setzen: „Es ist zum Heulen mit uns Deutschen und den Nazis. Entweder bilden wir uns ein überall welche zu sehen, oder wir übersehen sie da wo sie sind“, merkt er an und regt damit – wie schon vorher von ihm gefordert – das Publikum zum Nachdenken an.
„Die widerlichste Erfahrung meines Lebens“
Richtig still wird es im Raum nur an einer anderen Stelle des Gesprächs: Gezeigt wird Möglichs Interview mit dem Pädophilen Dieter Gieseking. Die „Wild Germany“ Folge, in der dieses ausgestrahlt wurde ist mittlerweile gesperrt – aufgrund von Beschwerden des Interviewten. Querfeldein durfte den Ausschnitt trotzdem noch einmal zeigen und als die Bilder über die Leinwand flimmern, kann man Unbehagen und Betroffenheit der Zuschauer im Raum spüren. Gieseking stellt den Sexualakt mit Kindern als einvernehmlich dar. Für Möglich ist dieses Treffen die „widerlichste Erfahrung“ seines Lebens. Möglich lässt seinen Gesprächspartner auch in diesem Fall zuerst reden und sich so „selbst demaskieren“, kann aber seine Wut über das Gesagte nicht unterdrücken. Man merkt ihm an, dass ihn dieses Ereignis nach erneutem Ansehen immer noch persönlich berührt, dem Publikum geht es ähnlich.
Kaugummizigaretten für Paul Ripke
Der Abend mit Manuel Möglich hat somit viele Facetten, auch ernstere Töne werden angeschlagen, insgesamt bleibt die Atmosphäre jedoch größtenteils entspannt und ausgelassen. Nach Querfeldein-Brauch gibt es dann noch Geschenke: Clemens Schick, der im Februar zu Gast war hat Manner-Waffeln aus Wien dagelassen, Möglich beschert Räucherstäbchen und Paradise-Kaugummizigaretten für Paul Ripke. Der Fotograf, der schon Marteria und die deutsche Nationalmannschaft ablichtete gibt sich am 11.05.15 die Ehre. Tickets sind, natürlich wie immer kostenlos, am 07.05.15 um 20 Uhr im Ribingurumu erhältlich.
Zur Querfeldein Website geht es hier:
http://www.verein-querfeldein.de/
Fotos: Elise Burghardt
"Herzlich Willkommen zu mir"
Als Absolvent der Frank Elstner-Moderatorenschule und Mitglied im Ensemble des Neomagazins gab sich Florentin Will am 12.01. im Ribingurumu die Ehre und lieferte sich im Rahmen der Querfeldein-Reihe einen spannenden Schlagabtausch mit Moderator Max Scherer.
Das Premiumprodukt des SWR
Der SWR3 Latenight Moderator Pierre M. Krause plauderte am Montag bei Querfeldein im Ribingurumu aus dem Nähkästchen. Von russischen Gipsköpfen, humorvollen Serienmördern und Toupet Tauschen mit Tony Marshall. Das war vor allem eines: „Bumslustig“.
Promis auf dem Holzmarkt
Der Verein Querfeldein ist vielen Studierenden bereits ein Begriff. Regelmäßig lädt er Prominente aus Kultur und Gesellschaft ins „Ribi“ ein. Die Abende finden in lockerer Atmosphäre statt und sprechen damit vor allem junge Menschen an. Doch wer und was ist Querfeldein? Ein Blick hinter die Kulissen.
Vom Kritisieren und Verreißen
Denis Scheck war am Sonntag zu Besuch bei Querfeldein im Ribingurūmu in Tübingen. Gut aufgelegt und gewohnt provokativ war er der Erfolgsgarant des Abends und krempelte die deutsche Literaturlandschaft um, wobei er dem Publikum einen Einblick in das Leben und Leid eines Literaturkritikers verschaffte.
In Manier seiner Sendung betritt Denis Scheck mit einem Stapel Bücher unter dem Arm den Raum und setzt sich in einem großen Sessel. Um ihn herum volle Bänke und Stühle und erwartungsvolle Blicke. Geführt von den Fragen des Querfeldein-Moderators entsteht bald ein Gespräch, in dem das Gesicht des ARD-Literaturmagazins Druckfrisch immer mehr aufblüht. Immer wieder unterstützen dabei kurze Filmausschnitte aus Schecks Sendung seine Erzählungen. Gleich zu Beginn stellt er fest: „Ein Literaturkritiker besteht nur, wenn er nicht lügt.“
Fantasy, Playboy, Übersetzen – Die Jugend
1964 in Stuttgart geboren, begann Denis Scheck früh damit, sich auf der deutschen Literaturbühne einen Namen zu machen. Als 13-Jähriger gründete er die Literaturzeitschrift Newlands und übersetzte neben Fantasy- und Horrorbüchern auch Interviews für die deutsche Ausgabe des Playboys. Ein netter Nebeneffekt sei dabei gewesen, die Bücher umsonst zu erhalten, erzählt der gebürtige Schwabe. Nachdem er in seiner Jugend als Übersetzer kostenfrei in einem Stuttgarter Haus samt vollem Weinkeller wohnen durfte und Honorare über 2000€ erhielt, ging Scheck davon aus, als literarischer Übersetzer reich und berühmt zu werden. Auf den Boden der Tatsachen kam er dann während seiner Studienzeit in Tübingen zurück, als sich plötzlich keiner mehr für das „arrogante und elitäre Arschloch“, wie Scheck sein damaliges Selbst bezeichnet, interessierte. Mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Viele meinen, ich hätte mich seither nicht geändert.“
Was ist große Literatur?
Diese Frage beantwortet der Literaturkritiker fast schon, als sie noch nicht ganz ausgesprochen war: „Große Literatur ist für mich ein Text, der mich zwingt, in eine neue Richtung zu blicken und Perspektiven wahrzunehmen, die man bisher freiwillig nicht eingenommen hat.“ Als Beispiel zieht er die Kafka-Biografie Reiner Stachs heran, deren letzter Band nach 18 Jahren Arbeit dieses Jahr veröffentlicht wurde. „Ich dachte, Kafka sei ein 1 Meter 60 großes Männle aus Prag gewesen, das kritzelte und früh starb. Stach zeigte mir, dass Kafka 1,81 groß, bei den Frauen beliebt war und mit 40 von ihnen Sex hatte. Das hat mir den Kopf zurechtgerückt.“ Literatur sei außerdem die Befreiung schlechthin, die einen in die Haut eines anderen schlüpfen lässt.
Alte Schlachtrösser und ethnisch-disperse Autoren
Die Gegenwartsliteratur Deutschlands bezeichnet Denis Scheck als reich und vielfältig, was vor allem daran liegt, dass zum ersten Mal vier Generationen gleichzeitig schreiben. Darunter „alte Schlachtrösser“, beispielsweise Günther Grass, die vielen Zuwanderer, die zu schreiben beginnen, und Unterhaltungsliteraten auf Niveau, wie Walter Moers, Cornelia Funke oder Frank Schätzing. „Wir haben eine Vielfalt in der Literatur, wie sie noch nie da war“, ist sein Resümee. Diese Einschätzung Schecks verdeutlicht sich, als er in der zweiten Hälfte des Abends einige seiner jetzigen Favoriten vorstellt, darunter Bücher wie die Pfaueninsel von Thomas Hettche oder Kruso von Lutz Seiler.
Druckfrisch – lustig, locker, anders
Dass Denis Schecks Druckfrisch eine etwas andere Literatursendung ist, verdeutlicht sein Ziel, die vorherrschende Ernsthaftigkeit vom Genre der Literaturkritik zu nehmen. Dies wird durch Lockerheit und Provokation durchzusetzen versucht. Ein Bestandteil davon sind die immer wieder eingebauten Gags mit Wasser, die nach einem nicht eingeplanten Sprung Schecks in das Hafenbecken von Nizza entstanden. Außerdem trägt er in jeder Situation einen Anzug, auch wenn er sich zu einem Interview mit dem Autor Kristof Magnusson in einen Whirlpool setzt. „Solange Reich-Ranicki lebte, musste ich etwas anderes machen und die Figur des Literaturkritikers ironisieren“, erklärt Scheck diese Stilelemente seiner Sendung.
„Bestseller sind der kleinste gemeinsame Nenner des Massengeschmacks“
Literaturkritiker gibt es, weil jedes Jahr über 90.000 Neuerscheinungen herausgegeben werden und für diese „Flutwelle von Büchern“, wie Scheck das nennt, Orientierungsmöglichkeiten gegeben werden müssen. Bestsellerlisten seien dabei nicht ernst zu nehmen, denn „die besten Bücher sind keine Bestseller, oder will man, wenn man gut essen geht, eine der zehn meistverkauften Mahlzeiten haben?“ Genau so seien Literaturpreise oft Irrwege. Zur Verdeutlichung führt Scheck auf, dass es in Deutschland über 700 Literaturpreise gibt. „So viele, dass selbst ich einen bekommen habe.“ Auch der Nobelpreis bleibt von ihm nicht verschont. Er ärgert sich darüber, dass „etwas so vielschichtiges und komplexes wie die Literatur“ mit einem einzigen Preis bedacht werden kann und das die Jury nur aus fünf, auf Lebenszeit gewählten „Rollatorenwettläufern“ besteht.
Vom Brechtbau und E-Books
Bei der Fragerunde zum Abschluss des Literaturabends richtet sich das Interesse auf einen aktuellen Diskurs, nämlich den Sinn von E-Books. Denis Scheck hat dabei eine besondere Meinung. Ihm ist es egal, ob ein Buch als E-Book oder auf Papier verkauft wird: „Mir ist der Inhalt wichtig! Das E-Book wird die Welt der Literatur nicht neu erfinden.“ Es überrascht allerdings nicht, dass das Publikum auch Fragen zur Tübinger Studienzeit des Literaturkritikers stellt. So wird Scheck, der in Tübingen unter anderem Germanistik studierte, über den damaligen Zustand des heute berüchtigten Brechtbaus befragt. „Er war zu meiner Zeit schon hässlich, aber wir haben auch nichts zur Verschönerung beigetragen“, antwortet er und fügt dann ein Zitat von Robert Gernhardt hinzu: „Dich will ich loben, Hässliches, / Du hast so was verlässliches.“ Danach war das Programm zwar beendet, aber der Abend noch lange nicht vorbei. Noch einige Zeit stand der Literaturkritiker Denis Scheck den Besuchern Rede und Antwort, außerdem verkaufte und unterschrieb er die von ihm mitgebrachten Bücher.
Druckfrisch zum Anschauen: http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/druckfrisch/index.html