Der Studierendenrat, kurz StuRa, vertritt die Interessen aller Studierenden an der Uni Tübingen. Wie genau laufen die öffentlichen, zweiwöchigen Sitzungen ab und was wird dort besprochen? Das Wichtigste aus der StuRa-Sitzung vom 31. Oktober erfahrt ihr hier.
Oktober 2017
Ich will lernen, aber die Bib lässt mich nicht
Immer wieder aufs Neue ist unsere Autorin überrascht, wenn sie vor den verschlossenen Türen der Universitätsbibliothek steht. So auch heute. Dass die Bibliothek nicht jeden Tag und rund um die Uhr geöffnet ist, ist unzeitgemäß und müsste so nicht sein. Beispiele von anderen Universitäten zeigen, dass es auch anders geht. Ein Kommentar. (mehr …)
Gemüse pflanzen in der Innenstadt
Urban Gardening – heißt das Phänomen, wenn Grünflächen der Stadt zu öffentlichen Gärten werden. So weit ist es in Tübingen noch nicht. Doch wer aufmerksam durch die Stadt läuft, kann sie bereits entdecken: die Pflanzenkisten, in denen Obst und Gemüse selbst angebaut wird.
Mr. Tagesgericht: Der Mann, der die Mensa berühmt macht
Ein Facebook-Auftritt über die Tübinger Mensa? Klingt nicht sexy, ist es aber! Keine Seite wächst im Uni-Umfeld derzeit so schnell wie die, die der Tübinger Student Felix König gegründet hat. Kupferblau hat den Macher von „Das Tagesgericht“ getroffen. (mehr …)
StuRa Inside vom 16.10.2017
Der Studierendenrat, kurz StuRa, vertritt die Interessen aller Studierenden an der Uni Tübingen. Wie genau laufen die öffentlichen, zweiwöchigen Sitzungen ab und was wird dort besprochen? Das Wichtigste aus der StuRa-Sitzung vom 16.Oktober erfahrt ihr hier.
kupferblau-Sommerbuchtipp
Titel: It’s kind of a funny story
Autor: Ned Vizzini
Verlag: Hyperion
Genre: Coming of Age
Zielgruppe: „…smart but not enough – just smart enough to have problems.”
Umfang: 444 Seiten
Stimmung: depressiv, sarkastisch, gegen Ende ist mit zunehmender Heiterkeit zu rechnen.
Gefällt, weil…
… Depressionen selten so viel Spaß gemacht haben. (mehr …)
Tübingens SPEICHER: Mehr als nur "unverpackt"
Langersehnt, nachhaltig und jetzt endlich da: Der „SPEICHER Umgedacht“ am Nonnenhaus hat am Freitag seine Pforten geöffnet. Hinter dem Laden steckt aber ein Gedanke, der größer ist, als die Bezeichnung „unverpackt“.
Hell ist es in den frisch eröffneten Räumen des Speichers, der erst wenige Stunden geöffnet hat. Der Geruch von frischen Lebensmitteln und Holz liegt in der Luft. „Ich stehe heute zum ersten Mal hinter einer Kasse“, gibt Caner Ortanca zu. Er und seine Frau Andrea haben den Laden gemeinsam erdacht und eröffnet.
Bereits lange vor der Eröffnung hatte die Nachricht, dass Tübingen nun ebenfalls einen „Unverpacktladen“ bekommen sollte, hohe Wellen geschlagen. Vor allem unter den Studierenden ist die Begeisterung groß, wie sich auch im Laden selbst zeigt. Viele der anwesenden Kunden gehören zu den jüngeren Semestern und sehen sich interessiert um. Dass er und seine Frau mit dem Konzept den Tübinger Nerv getroffen haben, ist Caner Ortanca bewusst. Aber es steckt mehr dahinter, wie er erklärt. Neben dem eigentlichen Laden ist ein Bistro zum SPEICHER hinzugestoßen. Vielmehr sei es ein ganzheitlicher Ansatz. Deshalb finden die Kunden nun auch Pflegeprodukte und wiederverwendbare Behälter im Angebot.
„Das Thema ist Reduktion“, erklärt der Schwabe. „Wir wollen hier versuchen, in dem Bereich des Bistros einen ‚Thinktank‘ zu etablieren. Da sollen die Leute zusammenkommen, die sich dafür interessieren und sich fragen: ‚Was kann ich selbst machen, damit ich nicht immer alles kaufen muss?‘ Je mehr wir kaufen, desto mehr Ressourcen werden benötigt. Wir versuchen hier einen Hybrid zu betreiben, zwischen alter betriebswirtschaftlicher Welt und neuer Welt.“
Dabei geht es ihm besonders um die ganzheitliche Nachhaltigkeit. „Man kann nicht unendlich wachsen. Die Konsequenz daraus ist Reduktion“ erklärt er. In einer Zeit, in der alle den Neokapitalismus und Neoliberalismus verfolgten, wollten sie für etwas Anderes stehen. „Da wollen wir ein Zeichen dagegensetzen.“
Sie hätten einen Laden, aber wollten damit gleichzeitig dazu anregen, nicht so viel zu kaufen. „Hier geht es um Postwachstumsökonomie“, fasst er den Grundgedanken abschließend zusammen.
Dass dieses Konzept Risiken birgt, dessen ist sich der frühere Unternehmensberater bewusst. Mit Risiken kennt er sich aber aus, denn deren Abschätzung war früher sein Job. Auch deshalb ist er zuversichtlich, dass der Laden mit dem einzigartigen Charakter auf Dauer überleben kann. Er wolle Menschen zusammenbringen, sagt er. Deshalb hat Ortanca bereits Netzwerke in der Region geknüpft. So besteht nun auch zwischen der JVA Rottenburg und einer solidarischen Landwirtschaftsgemeinschaft eine Verbindung. Mit Hilfe der Bruderhausdiakonie entstand am Ende so ein Produkt, dass die Kunden jetzt neben frischen Linsen und Haferflocken ebenfalls finden: lokale, eingekochte Tomaten.
Aber auch technisch ist der Speicher durchdacht: Mithilfe der Kasse wird ermittelt, welche Produkte besonders oder weniger gefragt sind. So soll unnötiger Abfall und Lebensmittelverschwendung vermieden werden.
Die Tübinger danken es ihm mit großem Interesse: Auf der Straße wird auf den Neuling am Nonnenhaus gezeigt. Die Menschengruppe dreht um und geht in den SPEICHER. Das Konzept des einzigartigen Ladens ist dabei nicht nur umgedacht, sondern vor allem konsequent zu Ende gedacht: Den nachhaltigen Kaffee genießt man standesgemäß aus Tassen, die selbst aus recyceltem Kaffeesatz bestehen.
Der Speicher öffnet Montag bis Samstag ab 9:30 Uhr. Von Montag bis Freitag schließt er um 19:00 Uhr, am Samstag etwas früher, nämlich bereits um 14:00 Uhr. Wer mehr von dem ganzheitlichen Konzept des SPEICHERs erfahren will, besucht dafür am besten die Webseite des Ladens. Dort werden die lokalen Netzwerke und das Konzept noch genauer erläutert.
Fotos: Marko Knab
Katalonien: Spiel der Sturköpfe
Der katalanische Regierungschef benutzt ein unglaubwürdiges „Wahlergebnis“ möglicherweise zum Ausrufen einer katalanischen Republik. Eine schwache spanische Regierung hat dem nicht viel entgegenzusetzen. Und Barcelona ist heiß wie nie.
Die Zettellandschaft auf der Mauer des eindrucksvollen Hauptgebäudes der Universität Barcelona hat sich verändert. Die weißen Zettel mit der Botschaft „Wir wählen, um frei zu sein“ sind halb abgerissen. Neu hinzugekommen sind Karikaturen von Tweety, der unschuldigen Vogel-Comicfigur, vor einer Wahlurne und dem bösen Kater Sylvester mit einem Knüppel. Die Unabhängigkeitsbewegung der Katalanen befindet sich in einer neuen Etappe: Katalonien hat am Sonntag versucht zu wählen und die Welt hat gesehen, wie Katalanen von spanischen Polizisten verprügelt wurden.
Seitdem haben sich die Fronten weiter verhärtet. Während der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy an Katalonien appelliert, nicht einseitig Unabhängigkeit zu erklären und „Schlimmeres zu verhindern“, hält der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont an einem Referendum fest, das keines war. Spätestens nachdem vergangenen Sonntag Bilder von annektierten Wahlurnen zu sehen waren, oder von solchen, in die auf der Straße wild Wahlzettel eingeworfen wurden, sollte jedem klar gewesen sein, dass diese „Wahl“ kein ernstzunehmendes Ergebnis produzieren kann. Schwarz gepanzerte Polizisten der spanischen Guardia Civíl haben einen geordneten, „normalen“ Wahlgang unmöglich gemacht. Einmal abgesehen von annektierten Urnen, unkontrollierten Abstimmungen und Mehrfachabstimmungen sowie dem Abstürzen des IT-Systems: Wer Angst hat, im Krankenhaus zu landen, geht nicht wählen. Und wird nicht repräsentiert.
Alle auf die Straße, jetzt erst recht
Die Wahl ist letztendlich als das Symbol der Unabhängigkeitsbewegung zu sehen, genauso wie nun die resultierenden – falschen – 90 Prozent Ja-Stimmen. Trotzdem taucht diese Zahl in den Nachrichten auf, als ob die Abstimmung unter normalen Umständen stattgefunden hätte. Und Puigdemont erwägt dieses Ergebnis fatalerweise als Grundlage zum Ausrufen einer katalanischen Republik. Eine katalanische Republik allerdings, die nicht an den Haaren herbeigezogen ist.
In Katalonien wird Katalanisch gesprochen, katalanische Bräuche zelebriert und katalanisches Fernsehen gesehen. Viele Katalanen fühlen sich nicht als Spanier, sehen die spanische Verfassung als Erbe der Regierung Francos und Rajoy als unfähige Marionette. Selbst wenn sie nicht Puigdemont und seine Partei unterstützen, möchten viele Katalanen nicht von Rajoy repräsentiert werden. Ein – ohnehin kulturell recht einheitliches – Katalonien mit einer diverseren und moderneren Parteienlandschaft erscheint ihnen die bessere Alternative. Oft zu hören ist auch das Argument der ungerechten Verteilung von Steuergeldern: Katalonien werde ausgenutzt, weil seine Steuergelder nach Madrid fließen. Eine breite Bevölkerungsschicht hat deshalb auf vielen Demonstrationen sehr deutlich gemacht, dass sie über eine mögliche Unabhängigkeit entscheiden will. Zu welchem Maße dies einer Beeinflussung durch das Regionalparlament geschuldet ist, ist zu hinterfragen. Fakt ist, dass Hunderttausende Katalanen seit Wochen auf der Straße sind. Und dass am Sonntag eine Art Wahlgang stattfand, obwohl die Wahl völkerrechtlich nicht begründbar und staatsrechtlich illegal war. Die spanische Regierung hat mit ihrer Polizeiaktion zwar ein glaubwürdiges Wahlergebnis verhindert, jedoch: Katalanen, die davor keinen Grund gesehen hatten, die spanische Regierung abzulehnen, bekamen nun einen geliefert. Alle auf die Straße, jetzt erst recht.
Stur und starrköpfig
Eine Chance, die Wogen zu glätten, hätte die Rede des Königs sein können. Diese Chance wurde vertan, indem Felipe VI. schlicht die katalonische Regierung kritisiert hat und überhaupt nicht auf das katalanische Volk eingegangen ist. Während Puigdemont nun brav eine Vermittlung der beiden Regierungen begrüßt, aber trotzdem auf Basis eines falschen Wahlergebnisses die Unabhängigkeit ausrufen will, antwortet Madrid stur und beleidigt, will „sich nicht erpressen lassen“ – und zeigt der katalanischen Regierung damit, dass sie diese Macht wohl hat. Eine gute Regierung würde nicht starrköpfig riskieren, dass seine wirtschaftsstärkste Region seine Abspaltung verkündet und nur noch die Option übrigbleibt, die Regionalregierung zu übernehmen. Die Stimmung in Barcelona ist so aufgeheizt, dass sich die katalanischen Demonstranten im Moment nicht darum scheren, welche gigantischen Konsequenzen eine Unabhängigkeit Kataloniens haben könnte: Wenn hunderttausende Katalanen „Raus mit den Besatzungsmächten“ rufen, was passiert dann erst, wenn sich Spanien in „ihrem Land“ installiert?
Fotos: Felizia Göltenboth