Angezeigt: 1 - 10 von 12 ERGEBNISSEN

„Sich dem Kern des Pudels in Schleifen nähern“

Schriftstellerei ist so handfest wie Pullover stricken oder Kartoffeln anbauen.“ – Dieses Zitat ist ein gutes Beispiel für Juli Zehs Schreibstil. Dieser besondere Stil enthält viele Metaphern und ist dadurch äußerst anschaulich. Sie ist inzwischen eine der bekanntesten Autorinnen des deutschsprachigen Raumes. Darüber hinaus ist sie aber auch studierte Juristin. Für das diesjährige Motto der Poetik- Dozentur:„Recht und Literatur“, ist sie deshalb genau die Richtige, ebenso wie Georg M. Osswald, Träger des „Förderpreises des Freistaats Bayern für Literatur“. Auch er ist ein erfolgreicher Schriftsteller, aber auch ein praktizierender Jurist. Diese beiden Bereiche sind keine Gegensätze, sondern „kommunizierende Röhren“.

Von Stephanie Rumesz
(mehr …)

„Ich übernachtete auf einer Bank am Neckarufer“

Rund 3000 junge Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen rund um den Globus „verschlägt“ es Jahr für Jahr nach Tübingen – als internationale Studierende. Zeit, einmal genauer nachzufragen: Wie fühlen sie sich in der Stadt und an der Uni? Was haben sie Spannendes aus ihren Heimatländern zu erzählen?

kupferblau sprach mit fünf Studenten von fünf Kontinenten über Küsse auf offener Straße, Übernachtungen am Neckarufer und Safari in Nordkamerun.

Von Rena Föhr

(mehr …)

Kein kaltes Kino

Die Kinos Tübingens waren vom 4. bis 10. November ganz auf Frankreich eingestellt: Bereits zum 27. Mal fanden die Französischen Filmtage statt. Über 70 Werke von Filmemachern der französischsprachigen Welt wurden hier und in Stuttgarter Kinos vorgestellt. Zum ersten Mal organisierte Christopher Buchholz, der als Schauspieler unter anderem in Luther mitwirkte, die Veranstaltung.

Von Hannah Steinhoff

Übergreifendes Thema des Festivals war das Motto „Fast schon menschlich – Déjà presque humain“. Die Grenzen menschlichen Handelns seien für ihn besonders interessant, so Christopher Buchholz. „Auf der einen Seite haben wir die Orang-Utan Dame aus der Dokumentation Nénette, deren Verhalten erstaunlich menschlich ist – und auf der anderen zeigt ein Film wie Moloch tropical, wie korrupt wir Menschen selbst mit einander umspringen.“

Besonders freue er sich über die vielen jungen Talente, deren Werke bei den Filmtagen erstmals einem deutschen Publikum vorgestellt wurden. „Es sind junge Filme, frech und intelligent“, so Buchholz. Ein Beispiel dafür: Les amours imaginaires von Xavier Dolan aus Québec. „Er ist 21 und er ist ein Meister“, sagte Buchholz begeistert.

Aufstrebende Filmemacher aus der Region stellten ihre Werke beim Cinéslam vor, bei dem eine Anzahl von Kurzfilmen gezeigt wurde. Die größere Einbeziehung von Kurzfilmen sei eine Bereicherung für das Festival, so Buchholz, denn diese Form erlaube es Künstlern, sich auf Bilder und Effekte mehr als auf die Dramaturgie zu konzentrieren.

Zur Förderung des Nachwuchses vergaben die Veranstalter mit Unterstützung verschiedener Sponsoren mehrere Preise. Der mit insgesamt 22.500 Euro dotierte Publikumspreis ging an Romain Goupil für den Film Les mains en l’air – Hände hoch, in dem eine Gruppe Pariser Grundschüler mit allen Mitteln die Abschiebung ihres Freundes zu verhindern versuchen. 20.000 Euro des Preisgelds sollen an einen deutschen Filmverleih gehen, um den Film auch in andere deutsche Kinos zu bringen.

Dass die Französischen Filmtage auch an Studierende als Publikum sehr interessiert seien, betonte Christoph Buchholz. „Wir wollen hier kein kaltes, ‚intellektuelles‘ Kino zeigen“, sagte er. „Studenten sind keine Idioten. Aber anspruchsvoll muss nicht immer bedeuten, dass nur der Kopf angesprochen wird. Mir ist wichtig, dass Filme emotional anspruchsvoll sind.“

Auch hinter den Kulissen waren viele Studierende beteiligt. Das Veranstaltungsteam beinhaltete eine Reihe engagierte Studenten und Studentinnen, die sich zum Beispiel um die Organisation des Festivals, das Marketing und die Unterbringung der Gäste kümmerten. Studierende des medienwissenschaftlichen Seminars organisierten ein Festival TV, welches mit Interviews und Studiosendungen über die beteiligten Künstler und Organisatoren berichtete.

Zum Schluss die Frage, was denn das französische Kino so besonders macht. Christopher Buchholz, der sein Leben mit dem französischen und deutschen Film verbracht hat, sieht die Antwort im Umgang mit Emotionen: „Der französische Film hat mehr Leichtigkeit, wenn es um die Darstellung von Gefühlen geht.“

Arno Luik – Verfechter der vierten Gewalt?

Sein Ton gilt als hart, seine Fragen als scharf und respektlos. Und doch sahnt Arno Luik einen Preis nach dem anderen ab – zuletzt den Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen. Luik, seit 2000 Autor beim Stern, gerät immer wieder in Konflikte mit seinen Interviewpartnern – vielmehr: Fordert sie heraus. Bei seinem Besuch an der Uni Tübingen konnten sich die Studenten ein eigenes Bild von ihm machen.

Von Christine Deder

„Polemisch“, nennt ihn Martin Walser, der von ihm in einem Interview des linken Stammtisches bezichtigt wurde. „Eine Frechheit“ schimpft Reinhold Messner, der sich durch ihn des Mordes an seinem Bruder angeklagt fühlt. Die Rede ist von Stern-Autor Arno Luik, der in letzter Zeit vor allem durch seine stark meinungsbetonten Artikel über das Bahnprojekt Stuttgart 21 auffiel. Doch nicht alle teilen die Meinung der beiden Betroffenen. Vor allem nicht Luik selbst – Polemik sei höchstens ein „Akt der Notwehr“, seine Interviews „intelligent gemachte Unterhaltung“ und überhaupt sei es seine Aufgabe, „den Mächtigen auf die Finger zu schauen“.

Was steckt hinter dem Phänomen Arno Luik?

Am 29. November 2010 hatten die Studenten der Medienwissenschaft die Möglichkeit, dieser Frage nachzugehen. Im Rahmen des Seminars „Dialogformen in Massenmedien“ bei Prof. Dr. Bernhard Pörksen setzten sie sich intensiv mit den Werken Luiks auseinander, was schließlich im Besuch des Star-Interviewers an der Uni mündete. Doch alles Geheimnisvolle, das Luik umgab, die Frage nach dem Grund seiner besonderen Interviewtechnik, war schnell verpufft. Anekdoten wirkten wie auswendig gelernt, wirklich Neues konnten die bereits vorbereiteten Studenten nicht erfahren.

Mehr Schein als Sein

Spannung versprach dafür die anschließende Fragerunde, vor allem Luiks Antworten waren in gewisser Weise sehr aufschlussreich. Auf die Frage hin, ob er nicht lieber für ein Boulevardblatt schreiben sollte, wich er scherzhaft aus: „Der Stern ist doch in gewissem Maße ein Boulevardblatt.“ Für seine Ablehnung gegenüber „Stuttgart 21“ nannte er beinahe ausschließlich private Gründe. Wer die Artikel aus dem Stern kennt, fragt sich, ob man in so einem Falle überhaupt noch von Objektivität – der obersten Prämisse eines jeden Journalisten – sprechen kann.

Der Charme des Authentischen

Luik betonte in seinem Vortrag immer wieder sein Ziel, den Mächtigen des Landes überraschende Aussagen zu entlocken, die wirklich etwas über ihre Persönlichkeit verraten. Er nennt das den „Charme des Authentischen“. Während der Diskussion kam eine weitere Frage auf: Erschafft Luik mit seinen scharfen, vorwurfsvollen Fragen, durch die sich seine Interviewpartner in die Ecke gedrängt fühlen, nicht viel mehr ein fiktives Konstrukt von einem Menschen als ein tatsächlich authentisches Porträt? Nein, antwortete Luik grinsend, und verzichtete auf jegliche Rechtfertigung – eine Strategie, die sich seine Interviewpartner durchaus einmal von ihm abschauen könnten.

„Dich schickt der Himmel!“

Highfield, Southside, summerbreeze… – Festivals sind für viele junge Leute fester Bestandteil der Sommersaison. Der Haken: Die Kosten! Die Lösung: Arbeit mit Vergnügen verbinden – mit Ferienjobs auf Festivals! „Catering auf Großveranstaltungen“ nannte sich ganz harmlos das Angebot, dank dem es unsere Autorin, eher dem Genre alternatives Blumenkind zuzuordnen, auf eines der größten Metalfestivals Deutschlands verschlug. Was sie als Kaffeefee inmitten bär(t)iger Metalheads erlebte, könnt ihr hier nachlesen…

von Rena Föhr

Kolossal ist das erste, was mir bei seinem Anblick durch den Kopf schießt. Seine Statur: Zwei Meter und zwei Zentner. Sein Mantel: Schwarz. Ledern. Bodenlang. Sein Haar: Wallend. Ein pechschwarzer Vorhang. Und darunter zwei blaue, verschlafene, doch durchaus freundliche Augen. Strahlend-sanft, ja nahezu religiös-verklärt scheint der Blick durch den schwarzen Vorhang. „Dich schickt der Himmel!“, juchzt der Koloss schließlich entzückt. Innerlich seufze ich erleichtert auf, während ich frischen, dampfenden Kaffee in einen Becher fülle. Catering auf Großveranstaltungen – was wie ein allzu normaler Studentenjob anmutet, erhält auf Festivals eine ganz neue Dimension. Aufstehzeit: 5.00 Uhr. Einsatzfeld: Keine schicke Bar, sondern der Zeltplatzdschungel. Arbeitsausrüstung: Nicht etwa Tablett und Block, sondern ein Wanderrucksack, umgebaut zu einem mobilen Kaffeeautomaten. Ein bisschen mulmig war mir ja schon gewesen vor der Aufgabe, riesigen furchteinflößenden Gestalten Kaffee schmackhaft machen. Jedoch, ganz ohne Ironie: Es fängt ja mal gut an!

Also auf zur nächsten potentiellen Kundschaft. Die besteht aus einer Crew von sieben langmähnigen Schweizern. Neben steilem Umsatz bringt mir diese Begegnung auch noch ein ganz besonderes Kompliment ein. „Ja mei, weißt…“ sinniert ein blondgelockter Bär aus dem Nachbarland, „iach find dein Dialekt wirkli so lustiach!“ Danke, gleichfalls! Die netten Gesellen melden sich bald wieder. Doch nicht nur um Nachschub werde ich diesmal gebeten, sondern auch um Umweltbewusstsein – „in dieselben Becher noch mal. Wir sind Naturfreunde!“ Die nächsten Kaffeejunkies wiegen in etwa zehn mal so viel wie mein voll beladener Kaffeerucksack, will heißen, sie sehen mal wieder sehr… äh… massiv aus. „Kannst scho näherkommen, wir sind nur zwei halbnackte Metaller!“, dröhnt es beruhigend aus dem Zelteingang. Mein Lächeln verwandelt sich in ein Prusten, als ich sehe, dass beim Attribut „halbnackt“ auch Eier in Bodenhaltung, die aus der legeren Unterbekleidung herausbaumeln, inklusive sind…

Nicht zu vergessen: Die Gäste aus den neuen Bundesländern. Ein Wohnwagenkomplex aus Thüringen sowie eine Zeltkommune aus dem Dresdner Umland sorgen sich sogar um mein leibliches Wohl! „Sag mal, trinkst du auch genug?“, fragt mich besorgt ein schwarzgekleideter Sachse. „Das ist wischtisch bei dieser Hitze! Wir hädde Energydrinks und africola. Nimm dir was mit, Mädel!“ Sehr international geht es übrigens zu. Neben zahlreichen Holländern (meist ganz klischeedienlich samt Wohnwagen) sind auch ein paar italienische Rocker am Start. Sie wollen Espresso und das einzige, was sie auf Deutsch artikulieren können: (Meine) Telefonnummer. Die kriegen sie nicht, denn ich muss mich nun um zwei erstaunlich zarte Franzosen kümmern, die sich mit café au lait das Früstück versüßen lassen wollen.

Kaffeefeeee!“ schallt es mir auch noch Stunden später lieblich hinterher, als die Sonne und die Temperaturen weit gestiegen sind und ich eher schwerfällig-schweissdurchtränkt über den Acker stapfe. Also, wie jetzt – Love and Peace auf einem Metalfest? Nun ja. Ton und Typen sind natürlich manchmal etwas rau – aber eigentlich nur untereinander. Ich bekomme davon so gut wie nie etwas ab. Ich in meinem bunten Hippiekleidchen bin die Kaffeefee, die der Himmel schickt. Die Prinzessin der dunklen Bären. Und da kommt mir schleichend, aber unabwendbar die Erkenntnis: Metaller sind zuckersüß!

 

Unsere Redakteurin arbeitete auf dem summerbreeze-Festival als mobile Verkäuferin bei der Firma Goldkorn. Diese bietet verschiedene Arten von Festival-Jobs: Man kann auch im Thekenverkauf, als Fahrer/in oder – nach entsprechender Erfahrung – in der Verkaufs-/Produktionsleitung tätig werden. Weitere Informationen gibt es unter www.goldkorn.org.

Preis für Praxisbezug

Der Lehrer hasst es. Das Zu-spät-Kommen ist Alltag im Schulunterricht. Doch wie hat man damit umzugehen? Diese Frage und andere werden in der mit dem diesjährigen Lehrpreis ausgezeichneten Übung „Sportpädagogik“ von Dr. Andreas Hoffmann beantwortet.

Von Jonas Wiesenfarth (mehr …)

A Nightmare on Erstifahrt

Es geht in die Schwäbische Alb oder bis in den Schwarzwald. Doch die Landschaft ist nur Kulisse, wenn sich eine Gruppe von Studienanfängern zur Erstifahrt einfindet.

von Hendrik Rohling

Eine abgelegene Hütte irgendwo im Ländle, ein Wochenende zwischen den letzten sonnigen Tagen und einbrechender Kälte. Nach und nach treffen die Erstsemestler ein. Die Zutaten für Chili con Carne oder Käsespätzle, sowie ausreichende Mengen an Bier und Wein hat die Fachschaft bereits eingekauft. Erste Kennenlernspiele werden begonnen: Es wird „Psychiater!“ gerufen oder man richtet vermeintliche Werwölfe hin. Alles ganz entspannt.

Doch langsam dreht sich die harmlose Atmosphäre, wenn einzelne Studienanfänger unter zunehmender Einwirkung von Alkohol ihr wahres Ich nicht mehr verbergen können. Ein Mörderspiel deutet bereits auf das Grauen voraus: Auf listige Weise bringen sich anfangs unschuldig erscheinende Erstis mit Kruzifixen, Wandgemälden oder Klobürsten gegenseitig um. Theatralisch sinken die Getöteten nieder und performen ihre letzten Atemzüge, bevor sie wieder aufstehen und aus dem Spiel entlassen sind. Und dann? Ein Spiel, das auf beängstigende Weise ausartet? Jemand, der nicht mehr aufsteht? Eine echte Leiche? Ein wirklicher Mord? In einem Horrorfilm wäre das zwingend für eine gescheite Handlungsführung. Inzwischen wäre die Hütte auch plötzlich eingeschneit und von der Außenwelt völlig abgeschnitten. Weitere Morde würden folgen. Und der Mörder? Jeder könnte der Mörder sein…

Ansonsten geht es auf den Erstifahrten jedoch ganz beschaulich zu. Was sollte man auch anderes erwarten, wenn Schwaben und Wahlschwaben an einem Wochenende im Herbst in einer gemütlichen Hütte irgendwo im schönen Ländle zusammentreffen, um sich kennenzulernen. Übermüdung und Alkoholintoxikation, auch „Kater“ genannt, kommen vor, enden allerdings in der Regel nicht tödlich. Ein scheinbar unspektakuläres Szenarium also und kein Stoff für einen Horrorfilm?

Ein wenig Dramatik dürfen wir schon erwarten. Oscarverdächtig wäre es wohl kaum, wenn sich die Interaktion der Figuren in Fragen erschöpft wie: Woher kommst du? Was ist dein Zweitfach? Bachelor oder Lehramt? Trotz mäßiger Dialoge und oberflächlicher Figurenzeichnung geben wir aber nicht auf. Schließlich hat es Roland Emmerich auch nach Hollywood geschafft. Zum Glück können wir dem Plot unseres vermeintlichen Blockbusters noch ein wenig Würze verleihen durch die fachspezifische Note, die jedem Erstiausflug eigen ist: Neustudierende am Brechtbau zum Beispiel werden von einer Fachschaft überrascht, die jenseits der 13 Kästen Bier und 7 Fässer Wein ein Programm anzubieten hat: In verschiedenen Workshops erhalten die Erstis Einblicke in die Fachschaftsarbeit, die Hochschulpolitik oder die Tübinger Kneipenkultur. Angehende Mathematiker hingegen legen mit Gabeln merkwürdige Figuren und lassen Uneingeweihte über den nicht vorhandenen Sinn rätseln. Philosophiestudenten versuchen sich in ihrem Halbwissen über Nietzsche oder Platon gegenseitig zu überbieten, beruhigen sich aber schnell nach überhitzten Debatten und machen gemeinsam Musik.

Doch einen Horrorfilm ergibt das leider nicht. Es sei denn Freddy Krüger hätte sich an unserer Uni immatrikuliert und sich für eine Erstifahrt angemeldet. Ansonsten müssen wir wohl umdisponieren und unseren Stoff an einem anderen Ort suchen. Vielleicht sind im Keller des Rektorats noch ein paar Leichen versteckt.