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Geplante Planlosigkeit

Weniger bekannt aus Film und Fernsehen, dafür aber umso mehr aus ihrem Podcast “Um Kopf und Kragen” stehen Lukas Weyell und Jan Horst für eine ordentliche Portion Witz und Ironie. Diesen Dienstag soll daher Secondhand-Shop und Café „Willi“ für den ersten Live-Auftritt des Duos herhalten. Kupferblau war auf der exklusiven Vorpremiere, um euch schon einmal einen Ausblick auf das zu geben, was euch am 12.05 erwartet.

Es ist ein Tag, der erahnen lässt, wie der Sommer in Tübingen aussehen kann. Bestes Freibadwetter, eisschleckende Tübinger überall und eine angenehme Hitze, die sich über dem Neckartal breitgemacht hat. Was käme da besser, als den zu Ende gehenden Tag mit einem weiteren brandheißen Leckerbissen abzuschließen? Bei einem Gerstenkaltgetränk in der gemütlich anheimelnden Atmosphäre des „Willi“ bestimmt nicht die schlechteste Idee.

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Vom Podcast zur Bühne zurück

Der Verlauf des Abends ist stark an den des gleichnamigen Podcasts „Um Kopf und Kragen“ angelehnt. Verschiedene Rubriken, immer wieder durch markante Einspieler eingeleitet, strukturieren den Abend. Laut Jan sind diese Einspieler übrigens „das Beste der ganzen Show“. Dass die beiden Quatschmacher erst einmal tief stapeln ist verständlich, bildet der Abend im „Willi“ doch ihren ersten Schritt in die Welt der Live-Comedy-Auftritte. „Wirklich realisiert, dass das Ganze wirklich passiert, haben wir erst als wir überall auf Plakaten und Flyern zu sehen waren“, gestehen Jan und Lukas. Dabei hatten sie das Publikum spätestens dann gewonnen, als für die ersten Reihen Pizza bestellt wurde.

Ein weiterer Garant des Abends war die sympathische Singer-Songwriterin Sofia Stark. Der Special Guest durfte sowohl eine Kostprobe ihres musikalischen Könnens liefern, als auch in der zweiten Hälfte des Abends den beiden Moderatoren Jan und Lukas Rede und Antwort stehen. Dabei wirkt das Programm ähnlich wie die Location bunt zusammengewürfelt, aber trotzdem als etwas Rundes. Von tieferen Themen bis zu oberflächlicher Lustigkeit ist alles dabei, immer gewürzt mit einem ordentlichen Eimer Selbstironie. Es wird der „Horst der Woche gekürt“, Vergleiche zwischen Claus Weselsky und Hitler gezogen und es kommt zu einem sagenhaften Headbangerbattle zwischen Lukas und Gast Sofia.

Der erste Live-Auftritt von Lukas, Jan und „Dodo“ Feth, der hinter dem Mischpult die Fäden zog, war alles in allem ein runder Abend im Zeichen von geplanter Planlosigkeit. Doch gerade dass nicht alles glattläuft und nicht jeder Gag sofort zündet, macht die Beiden auf dem Sofa authentisch. Betrachtet man außerdem, wie sich das Dreierteam manchmal mit ihren Witzen eine Steilvorlage nach der anderen geben, stellt sich die Frage wieviel des Chaos‘ eigentlich geplant ist.

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Witz, Charme und Andre Lux

Wer also genau das herausfinden will und zudem noch Fan von Jan Böhmermann und Olli Schulz‘ „Sanft und sorgfältig“ ist, sollte sich am Dienstag um 20:15 Uhr vor den Toren des „Willi“ einfinden und geschulte Lachmuskeln mitbringen. Mit Witz und Charme, aber ohne Schirm und Melone, werden auch dann Jan Horst und Lukas M. Weyell durch den Abend leiten und die wirklich wichtigen Fragen des Lebens beantworten. Allerdings sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass all das, was in der Vorpremiere passiert ist, nicht zwingend auch Teil der Hauptveranstaltung sein muss. Bei den beiden spontanen Spaßvögeln ist nämlich alles möglich. Zumindest der Gast wird sicher ein anderer sein: Andre Lux, Erfinder des Cartoons „Egon Forever“, wird auf dem Sofa Platz nehmen und etwas über seine berühmten Strichmännchen erzählen.

„Um Kopf und Kragen“ als Podcast: http://umkopfundkragen.de/

Fotos: Lisa Paul

Der Wind des Schicksals weht launisch

Eine Lesung über Liebe, Sehnsucht und die Verantwortung gegenüber eines verstorbenen Freundes. Am 29. April nahmen Autor Thomas Vogel und Musiker Heiner Kondschak mit auf eine Reise nach Teneriffa, auf die Suche nach den goldenen Äpfeln aus der Herkulessage. Dabei folgen auf kurze Leseepisoden aus „Die Goldenen Äpfel der Hesperiden“ immer wieder Gitarrenspiel und Gesangseinlagen.

Der moderne Saal des Sparkassen Carrés ist gut gefüllt. Die Ausstattung der Bühne verrät schon den Verlauf des Abends: Ein kleines Lesepult neben Akustikgitarren, Mundharmonika und E-Mandoline. Es muss also nicht mehr viel erklärt werden und genauso beginnt auch die Lesung etwas anderer Art.

Eine Welt in Gedanken

Es ist ein Abend des Kontrasts: Thomas Vogel liest in Jackett und Hut und blickt durch seine Brille auf die Seiten seines Buchs. Heiner Kondschak sitzt daneben, trägt lange Haare und Bart, Jeans und Chucks. Seine ruhigen Gitarrentöne füllen den Saal aus, während Thomas Vogels leicht rauchige, feste Stimme die Geschichte trägt. Doch letztendlich entsteht aus diesen Gegensätzen in Erscheinung und Vortrag eine Harmonie im Gesamten.
Die Erzählung, die durchaus eine gewisse Ernsthaftigkeit und Melancholie besitzt, ist allerdings auch immer wieder von Humor durchbrochen, der auch die beiden Künstler zum Lachen bringt. Die Musik Heiner Kondschaks nimmt dabei die Grundhaltung des Romans auf, ist gefüllt von Sehnsucht und Liebe. Auch endet er jedes Mal mit einem kleinen Augenzwinkern, einem leicht schrägen oder aus dem Lied ausbrechenden Ton, und blickt dabei verschmitzt ins Publikum.

Die Geschichte von Charlie und Simon

„Die Goldenen Äpfel der Hesperiden“ erzählt die Geschichte von Charlie, der sich zusammen mit seinem Freund Simon in der Jugend zwölf Herkulesaufgaben stellte. Immer wieder wechselnd zwischen den Jugendgeschichten der beiden und der Gegenwart, in der Charlie nach dem Tod seines Freundes vor den letzten zwei ungelösten Aufgaben steht, verschlägt es ihn letztendlich auf die Insel Teneriffa. Auf seinem Weg zum Ziel versucht Charlie jedoch nicht nur die auferlegten Aufgaben zu vollenden, sondern erfährt auch immer mehr über sich selbst. Und darüber, dass die alltäglichen, die kleinen Dinge im Leben die wahre Geschichte des Lebens schreiben.
Zum Schluss spielen Thomas Vogel und Heiner Kondschak, von goldenem und buntem Licht beleuchtet, dann zusammen die Lieder, die Charlie aus der Geschichte zugesprochen werden. Die ganze Lesung taucht die Zuhörer in eine Melancholie, in die man sich gerne fallen lässt. Schnell ist die modern anmutende Umgebung vergessen. Und auf dem Heimweg durch das nächtliche Tübingen ist der Kopf noch voller angenehmer Gedanken. Was ist Liebe, Jugend, Zukunft und Vergangenheit? Was bedeuten Freundschaft und das Leben? Und was ist der große Sinn? Aber eine Klarheit bleibt im Gedächtnis: „Der Wind des Schicksals weht launisch […]!“

Eine märchenhafte Gala oder Dornröschen 2.0

Die Tübinger Tanzschule „Go Dance “ zeigte am 8. Mai ihr Stück „Dornröschen 2.0 – Auroras Traum“ in der Stadthalle Reutlingen. Eine generationenübergreifende Benefiz-Gala zu Gunsten des Vereins zur Hilfe für kranke Kinder.

Die komplette Reutlinger Stadthalle ist gefüllt. Nicht nur die Familien und Freunde der Tänzer sind gekommen. Das Bühnenbild ist schlicht, eine riesige Leinwand, rechts und links ein paar Tische und Stühle, vorne ein alter Sessel. Von hier aus führt Tobias Karrer als Märchenonkel durch die Geschichte.

Ein regelrechtes Spektakel

Schon im ersten Akt, Auroras Taufe, wird klar, wie aufwendig die Vorbereitung gewesen sein muss. Jedes Detail ist geplant. Die Kostüme sind liebevoll und mit viel Aufwand selbstgestaltet. Sei es die Kleider der sechs Feen, der Königseltern oder die der Hofdamen. Selbst die Flechtfrisuren sitzen. Tanzlehrerin Katharina Merk glänzt als die gute „Fliederfee“ aber auch die Schülerinnen tanzen auf einem sehr hohem Niveau.  Die böse Fee „Carabosse“ tritt in Begleitung tanzender Fledermäuse auf. Selbst die Jüngeren nehmen die Aufführung ernst, haben sich monatelang vorbereitet. Der Besuch aus dem Orient glänzt mit akrobatischen Einlagen. Auch die ganz Kleinen, geben an der Hand ihrer Lehrerinnen, einen Blumentanz zur Schau und wollen gar nicht mehr runter von der Bühne. Es ist ein regelrechtes Spektakel, was da auf der Bühne vor sich geht. Kaum sind die einen Tänzerinnen von der Bühne, schon beginnt die nächste Choreographie. Da fällt es gar nicht auf, dass die Musik nicht aus dem Orchestergraben, sondern aus den Boxen kommt. Als Aurora sich dann schließlich doch an einer versteckten Spindel sticht, greift der Märchenonkel in das Geschehen ein und trägt sie eigenhändig von der Bühne.

War die erste Hälfte noch komplett von klassischer Musik untermalt und fast ausschließlich im Ballettstil getanzt, gibt es mit Beginn des dritten Akts einen Bruch. Während Aurora träumt erzählt die Fleiderfee ihr verschiedene Märchen, deren Protagonisten durch ein überdimensionales Märchenbuch aus Karton entschlüpfen. Die böse Stiefmutter aus Schneewittchen überzeugt weniger durch tänzerische Perfektion, als durch ihr markantes Auftreten. An die Musik zur HipHop-Choreographie muss man sich kurz gewöhnen. Allgemein sind der dritte und vierte Akte jedoch sehr kraftvoll. Die Konzeption der Kostüme, Auf- und Abgänge und Überleitungen perfektionistisch. Als dann doch einmal etwas schief geht, ist die Tanzlehrerin sofort zur Stellen:  „Einfach stehenbleiben bis zum nächsten Einsatz.“ Ab da funktioniert dann auch wieder alles.
Ein Zusammenspiel, das nur durch die große Zahl engagierter Tänzer und Helfer funktionieren kann.

Das Böse vergessen

Neben den HipHop Choreographien gibt es auch Modern Dance und zeitgenössischen Tanz zu sehen, der die Emotionen des durch den Wald irrenden Prinzen und seiner Aurora toll untermalt. Fantastisch das selbstchoreographierte Schlusssoli der Waldfee und Carabosse. Dass die ja eigentlich die Böse ist, vergisst man da für einen Augenblick.

Zuletzt folgt ein wunderschön- getanzter „Pas de Deux“ der geretten Aurora (Sarah Fritsche) und ihrem Prinzen (Paul-David Bittner). Hierzu kommt Leiterin und Initiatorin Stefanie Katharina Zeh auf die Bühne und singt ein romantisches Duett mit Märchenonkel Tobias Karrer. Ein schöner Abschluss, der auch die jüngsten Zuschauer den menschenfressenden Wolf und die böse Fee vergessen lassen.

Zauberhafte Orte: Märchensee

NEUE REIHE: Die Kupferblau-Redaktion präsentiert Euch jedes Wochenende ein fabelhaftes Ausflugsziel in der Natur, das ihr von Tübingen aus einfach erreichen könnt. Der erste Geheimtipp:

Der Wendelsheimer Märchensee bei Rottenburg 

Es riecht nach nassem frischem Holz, Pilzen und Tannennadeln – erdig und modrig. Man inhaliert tief den Geruch des Waldes und  lauscht: Kein unermüdliches Tastenklackern, kein Rauschen der vorbeirasenden Autos, keine stickige Bibliotheksluft.  Stattdessen … Stille … Dann plötzlich ein kurzes Platschen: Eine Seebewohnerin, eine bewarzte Kröte, hat die Seerose gewechselt und quakt kurz auf. Am Rand des Sees ein kleiner matschiger Weg: Der Rundgang führt, an einem Steinbruch vorbei, durch die Bäume zu dem verwunschenen Märchensee. Hier kommt einem möglicherweise die langhaarige Hirtin mit ihren drei Zicklein entgegen. Fast könnte man meinen, dass hinter einem Stein gleich eine kleine Fee oder ein Kobold hervorlugt, so verwunschen still liegt der See vor einem – überzogen von grünen Wasserlinsen. Hier hat man Zeit den Kopf zu leeren, durchzuatmen und den Studienalltag in den Hintergrund rücken zu lassen. Wer weiß, vielleicht entpuppt sich eine der Kröten und Frösche sogar als verwandelte Prinzessin oder Prinz – zum Namen würde es passen.

Bitte Beachten: Es gibt zwar eine große Wiese mit Feuerstelle, grillen ist aber offiziell verboten, genauso wie das Klettern im Steinbruch.

Anreise: Als Wanderung oder Radtour einfach von Tübingen aus hinter dem Freibad vorbei Richtung Hirschau, weiter nach Wurmlingen bis nach Wendelsheim. Dort führt an der Dorfschule ein Weg nach oben in den Wald zum Märchensee. Alternative Routen: ab durch die Felder über Weilheim, Kilchberg, Bühl, Kiebingen oder über Pfäffingen und Unterjesingen.

Radwege sind mit grünen Schildern ausgezeichnet.

Der punkaffine Weltenbummler

Manuel Möglich reist für seine Recherchen in die entlegensten Ecken Deutschlands und der Welt, immer auf der Suche nach bizarren, faszinierenden, aber auch verstörenden Geschichten. Am 27.04.15 war er Gast bei Querfeldein im Ribingurumu.

Gleich vier Kameras sind an diesem Montagabend auf die zwei Sessel in der Mitte des Raumes gerichtet und auch sonst wirkt hier vieles etwas anders, irgendwie geordneter als sonst. Das zahlreich erschienene Publikum wird zunächst von einem, zumindest von der Hüfte aufwärts Smoking tragenden Butler begrüßt, der auch gleich erste Aufklärungsarbeit leistet.
Man wolle die Veranstaltung heute professionell aufzeichnen, „fürs Fernsehen“, oder doch wenigstens für YouTube. Dementsprechend werden die Zuschauer dann schon mal angeheizt und ein bisschen applaudieren geübt. „Stellt euch vor, ihr wärt bei Markus Lanz und gleich kommen die Backstreet Boys!“ Ganz so schlimm wird es dann doch nicht, denn es kommt Manuel Möglich und „ja, ich heiße wirklich so, das ist kein Künstlername“ , betont er kurz darauf gleich selbst, als er von Moderator Max Scherer dazu aufgefordert wird sich kurz vorzustellen.

Den Menschen auf Augenhöhe begegnen

Zum Journalismus kam der „nur punkaffine“ Möglich, der selbst nie Punk gewesen sein will, nach seiner Arbeit beim Plattenlabel Zomba Records, bei dessen Erwähnung spontan etwas ‘N Sync-Mucke` eingespielt wird, die Jungs standen dort nämlich auch mal unter Vertrag. „Um weiterhin an kostenlose Platten und Konzertkarten zu kommen“, fing er schließlich an zuerst über Musik und schließlich auch über andere Themen zu schreiben.

Um seine Art Interviews zu führen und Reportagen zu machen dreht sich ein großer Teil des Abends. Bei diesem Thema wird Manuel nach dem lockeren Einstieg etwas sachlicher, man merkt, dass ihm das Thema wichtig ist.

Manuel Möglich zu Gast bei Querfeldein
Manuel Möglich zu Gast bei Querfeldein

Auf die Frage hin ob seine Darstellungen in der Reihe „Wild Germany“, beispielsweise zum Thema „Bugchasing“, dabei geht es um Menschen, die sich absichtlich mit dem HIV-Virus infizieren, überhaupt noch kritischem Journalismus entspräche, schildert er  die „Denke“ hinter seiner Arbeitsweise. Er wolle den Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen Raum lassen. Neben den richtigen Fragen mache für ihn auch das Zuhören ein gutes Interview aus. Möglich will die Leute zum Nachdenken anzuregen: „Wenn Fernsehen das schafft ist schon viel erreicht.“ In Deutschland sieht er da aber noch Luft nach Oben und wünscht sich mehr Mut anstatt Reportagen mit „angezogener Handbremse“.

Kava in Samoa und Bier in Brasilien

Gezeigt werden an diesem Abend verschiedene Einspielern aus „Wild Germany“, aber auch Selbstproduziertes von Querfeldein bringen Abwechslung. Unter anderem wird eine Parodie auf die „Wild Germany“-Folge zum Thema Crystal Meth mit dem Namen „Anabolika im Neckartal“ gezeigt, in der neben Möglich, auch Boris Palmer einen Cameo-Auftritt hat. Zwischendurch serviert der Butler Getränke oder übernimmt kurzerhand für ein paar Minuten das Gespräch, während der Moderator „zur Toilette muss“.

Die Stimmung im Publikum bewegt sich zwischen Belustigung und Faszination über die Anektoden, die der Gast zum Besten gibt. So liest er aus seinem Buch „Deutschland Überall“ eine Passage über Samoa, genauer dessen Haupstadt Apia. Die dortige Erfahrung mit Kava, auch Rauschpfeffer genannt, einem lokalen Getränk, das aus der gleichnamigen Pflanze hergestellt wird, fand er selbst eher so „mittelwitzig“, den Zuschauern gefällt die Geschichte dafür umso besser.

Einige Lacher erntet auch die zweite Lesung aus dem Buch. Möglich zeichnet ein bizarres und doch anziehendes Bild von Palmen vor Fachwerkhäusern und Brasilianern, die Oktoberfest feiern und dabei „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ singen.

Neben Samoa und Brasilien besuchte er auf seiner Weltreise, von der das Buch handelt, auch noch einige weitere Länder, immer auf der Suche nach deutscher Kultur oder dem Deutsch-Sein allgemein. Auf seine Heimat sei er selbst zwar nicht stolz, findet es aber wichtig sich mit deren Vergangenheit auseinander zu setzen: „Es ist zum Heulen mit uns Deutschen und den Nazis. Entweder bilden wir uns ein überall welche zu sehen, oder wir übersehen sie da wo sie sind“,  merkt er an und regt damit – wie schon vorher von ihm gefordert –  das Publikum zum Nachdenken an.

„Die widerlichste Erfahrung meines Lebens“

Richtig still wird es im Raum nur an einer anderen Stelle des Gesprächs: Gezeigt wird Möglichs Interview mit dem Pädophilen Dieter Gieseking. Die „Wild Germany“ Folge, in der dieses ausgestrahlt wurde ist mittlerweile gesperrt – aufgrund von Beschwerden des Interviewten. Querfeldein durfte den Ausschnitt trotzdem noch einmal zeigen und als die Bilder über die Leinwand flimmern, kann man Unbehagen und Betroffenheit der Zuschauer im Raum spüren. Gieseking stellt den Sexualakt mit Kindern als einvernehmlich dar. Für Möglich ist dieses Treffen die „widerlichste Erfahrung“ seines Lebens. Möglich lässt seinen Gesprächspartner auch in diesem Fall zuerst reden und sich so „selbst demaskieren“, kann aber seine Wut über das Gesagte nicht unterdrücken. Man merkt ihm an, dass ihn dieses Ereignis nach erneutem Ansehen immer noch persönlich berührt, dem Publikum geht es ähnlich.

Kaugummizigaretten für Paul Ripke

Der Abend mit Manuel Möglich hat somit viele Facetten, auch ernstere Töne werden angeschlagen, insgesamt bleibt die Atmosphäre jedoch größtenteils entspannt und ausgelassen. Nach Querfeldein-Brauch gibt es dann noch Geschenke: Clemens Schick, der im Februar zu Gast war hat Manner-Waffeln aus Wien dagelassen, Möglich beschert Räucherstäbchen und Paradise-Kaugummizigaretten für Paul Ripke. Der Fotograf, der schon Marteria und die deutsche Nationalmannschaft ablichtete gibt sich am 11.05.15 die Ehre. Tickets sind, natürlich wie immer kostenlos, am 07.05.15 um 20 Uhr im Ribingurumu erhältlich.

Zur Querfeldein Website geht es hier:
http://www.verein-querfeldein.de/

Fotos: Elise Burghardt

1. Tübinger Mädchenflowmarkt

Vergangen Samstag fand auf dem alten Schlachthofareal der erste Tübinger Mädchenflowmarkt statt. Den gesamten Nachmittag hatten Schnäppchenjägerinnen, Trendsetterinnen sowie Schaulustige die Gelegenheit in aller Ruhe durch die Hallen zu streifen und die Stände zu durchstöbern. Diese boten wirklich alles was das Mädchenherz begehrt: Röcke, Hosen, Blusen, Kleider, Mäntel und Unmengen an Accessoires. Anders als bei den mittlerweile bekannten Events Vogel- bzw. Stilwild, handelte es sich diesmal um einen klassischen Flohmarkt, bei dem sich jeder, dessen Kleiderschrank zu Hause überquellt, einen Stand mieten konnte. Dass es sich für die meisten gelohnt hatte, zeigte sich gegen Ende der Veranstaltung. Die Stände wurden zunehmend leerer, die Besucher versammelten sich in einer gemütlichen Ecke der Halle, wo Getränke und Kuchen angeboten wurden. Untermalt von ausgesprochen guter Musik, ließen so viele junge Tübingerinnen einen entspannten Samstagnachtmittag ausklingen.

Claus Kleber wird Honorarprofessor in Tübingen

„Und jetzt das heute-journal“ – das ist der gesprochene Intro-Text, den man hört, bevor man ihn sieht: Die Rede ist von Claus Kleber, einem der Moderatoren eben dieser ZDF-Sendung. Geboren in Reutlingen begann er 1974 in Tübingen das Studium der Rechtswissenschaften, während er nebenbei als freier Mitarbeiter beim Südwestfunk berufliche Erfahrungen in der Medienbranche sammelte. Nach einem Forschungsaufenthalt in den USA zog er zurück nach Deutschland, wo er sich 1985 bereits Studioleiter beim Südwestfunk in Konstanz nennen durfte. Es folgte eine journalistische Karriere bei der ARD und im Radio, bis er 2003 zum ZDF wechselte und fortan als Moderator des heute-journals tätig wurde.

In Zukunft könnte Claus Kleber wieder deutlich mehr Zeit in „seiner Studentenstadt“ Tübingen verbringen: Wie aus der Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 30.01.2015 hervorgeht, wird Claus Kleber in Zukunft als Honorarprofessor am Institut für Medienwissenschaft, vorwiegend am Lehrstuhl für Film- und Fernsehwissenschaft (Prof. Dr. Marschall) tätig sein. Er werde – so geht aus der Pressemitteilung hervor – in Zukunft Blockseminare für Studierende der Medienwissenschaft zu medienwissenschaftlich relevanten Themen anbieten, wie beispielsweise der Berichterstattung in Nachrichtenformaten.

Eine Antrittsvorlesung ist ebenfalls geplant: Sie soll Anfang Juni stattfinden und öffentlich besuchbar sein, wobei Termin und Ort noch bekanntgegeben werden.

Claus Kleber ist als Promi-Gast am Institut keine Ausnahme: Immer wieder gelang es Fachschaft und Institut bekannte Medienprofis für Besuche, Vorträge und Seminare zu gewinnen, so waren beispielsweise bereits Stefan Niggemeier und Marco Schreyl anwesend.

Foto © http://www.freundederkuenste.de/uploads/pics/claus-kleber_heute-journal.jpg

„Einer muss aufgeben, sonst ist bald wirklich Krieg"

In der Ostukraine wird gekämpft. Die eine Seite bilden ukrainische Truppen verbündet mit Freiwilligenmilizen, die andere von Russland unterstützte Milizen und – was Moskau bestreitet – russische Truppen. Die letztgenannte Seite will die Ostukraine vom Rest des Landes abspalten und in die russische Föderation eingliedern; die ukrainische Armee will dies verhindern. Die Kämpfe begannen im Februar letzten Jahres; angesichts der stetigen Eskalationen sprechen (spätestens) seit August 2014 viele von einem Krieg. 

Eine andere persönliche Sicht auf das Geschehen haben die Tübinger Studierenden namens Nikita Timofeev-Zakharov und Vlad Lensky; sie sind in Russland beziehungsweise der Ukraine aufgewachsen.  Im Interview sprechen sie über ihre Ansichten, ihre Verwandten und Freunde aus der Heimat und auch davon, was in den großen Medien ihrer Herkunftsländer zum Thema verbreitet wird.

Kupferblau: Nikita/Vlad, was genau passiert in der Ostukraine?

Nikita Timofeev-Zakharov: Ich sehe dort eine Krise, die sich immer weiter zuspitzt. Wenn nicht eine der beiden Parteien bald aufgibt, wird früher oder später Krieg sein. Und das will niemand.

Vlad Lensky: Laut den ukrainischen Journalisten herrscht dort „ukrainisch-russischer Krieg“. Für mich persönlich ist es – noch – ein Konflikt. Mit meiner Herkunft bin ich da natürlich nicht nur rational.

Kupferblau: Kämpfen russische Soldaten in der Ostukraine, offiziell vom Kreml entsandt?

Nikita T.-Z.: Nein. Es hieß, es gab 3-5 russische Soldaten, die dort gekämpft haben und gestorben sind, mehr nicht. Wären dort mehr, hätte es in dieser Krise insgesamt schon viel, viel mehr Tote gegeben. Dann wären auch die USA schon längst involviert, hätten Truppen geschickt.

Vlad L.: Es kommt auf jeden Fall Hilfe von außen. Anders wären Donezk und Luhansk (die beiden Hochburgen der prorussischen Separatisten in der Ostukraine – d. Red.) schon längst wieder in der Hand der ukrainischen Armee; alleine sind die Separatisten ihr zahlenmäßig klar unterlegen.

Kupferblau: … und wie sieht es mit Waffenlieferungen aus Russland aus?

Nikita T.-Z.: Waffen wurden geschickt, das sagen auch meine Moskauer Verwandten. Präsident Putin bestreitet das ja.

Vlad L.: Russland hat Waffen geschickt, auch Panzer, da bin ich mir sicher. Das wird bestimmt auch bald bewiesen werden.

Kupferblau: Wie ist deine Meinung zur aktuellen ukrainischen Regierung?

Nikita T.-Z.: Ich traue ihr nicht so ganz; sie kam im Chaos an die Macht. Arsenij Jazen-juk (der aktuelle ukrainische Ministerpräsident –Anmerkung d. Red.), das ist für mich ein Nazi, und manch anderer Politiker dort auch. Speziell in der Westukraine gibt es viele Bürger, die grundsätzlich ähnlich denken wie diese Politiker. Manche dieser Menschen haben Angst vor uns Russen; wieder andere sind generell immer gegen uns. Letzteres sehe ich übrigens teilweise auch hier in Deutschland, zumindest in den alten Bundesländern.

Vlad L.: Gut. Aber sie hat es natürlich schwer. Die politische Lage ist kritisch, und das schon seit November 2013, als Janukowytsch (der damalige ukrainische Präsident – Anmerkung d. Red.) das Assoziierungsabkommen mit der EU eingefroren hat. Da kamen ja dann die Aufstände auf dem Maidan (Proteste von Hunderttausenden Ukrainern im Zeitraum November 2013 bis Februar 2014 gegen die damalige ukrainische Regierung; der Maidan ist ein Platz in Kiew – Anmerkung d. Red.). Ich kenne Leute, die da dabei waren.

Kupferblau: Wie siehst du das umstrittene Referendum auf der Krim vom März 2014? Laut offiziellen Angaben stimmten dabei 96,77 % der Bewohner der damals ukrainischen Halbinsel Krim für einen Anschluss an Russland, der kurz darauf vollzogen wurde.

Nikita T.-Z.: Das war legitim, warum auch nicht? Die Krimbewohner wollten zu Russland, ihnen geht es jetzt besser. Die Ostukrainer sehen das übrigens ähnlich. Von ihnen sind einige mittlerweile in Russland, sie sind wegen der Kämpfe dort hin geflohen, haben Asyl beantragt und bekommen – laut den russischen Medien bereits 730.000 Menschen.

Vlad L.: Das Referendum war gefälscht; die Krim wurde annektiert. Manche Ukrainer meinen, Putin hätte das schon jahrelang geplant. Zu den Krimbewohnern: Meine Bekannten in Odessa sagen, es gibt dort eine kleine, aber relativ gefährliche linksradikale Gruppe; die hätten es, so meine Bekannten, den Separatisten früher oder später nach-gemacht. In dem Fall sähe es auf der Krim jetzt genauso aus wie in Donezk und Luhansk. Man könnte also sagen, es war die friedlichere Lösung so – ich bin da noch unentschieden.

Kupferblau: Sprechen wir über das malaysische Verkehrsflugzeug MH17. Es startete am 17. Juli 2014 mit dem Ziel Kuala Lumpur in Amsterdam, wurde bald darauf über dem Luftraum um Donezk von einem Flugobjekt getroffen, wobei sämtliche 298 Insassen starben. Das Flugobjekt war – nach aktuellem Stand der Ermittlungen – eine Boden-Luft-Rakete; als Täter verdächtigen viele die Separatisten. Was wird in den Medien eurer Länder dazu verbreitet?

Nikita T.-Z.: In den Medien in Russland hieß es zunächst, die Rakete kam von der ukrainischen Armee, und später, von den prorussischen Separatisten; diese hätten das Flugzeug für ein militärisches gehalten, eins ihrer Gegner. Somit wäre es ja ein Unfall gewesen – ein schrecklicher natürlich.

Vlad L.: Die Separatisten waren es, tatsächlich, so wird es in den ukrainischen Medien verbreitet und: Die Täter hätten zuvor gewusst, dass es nur ein Verkehrsflugzeug ist. Noch mal zu meinen Bekannten in Odessa: Die meinen, die Separatisten hielten es vielleicht auch für ein Militärflugzeug.

Kupferblau: Noch eine Frage nur an dich, Nikita: Wie siehst du die allgemeine politische Lage in deinem Heimatland?

Nikita T.-Z.: Eine Demokratie im westlichen Sinne hat Russland nicht; es gibt aber Pressefreiheit*, also ist es auch keine Diktatur. Seitdem ich die politischen Entwicklungen verfolge, sehe ich eine Art Übergangszustand. Meines Erachtens dauert der schon seit dem Mauerfall an. 25 Jahre, das ist nicht so viel, wie manch ein Mensch aus der „westlichen Welt“ glauben mag. Die älteren Russen sind größtenteils unzufrieden mit der aktuellen Lage; sie wünschen sich den Kommunismus zurück. Meine russischen Großeltern tun das auch.

* Anmerkung des Redakteurs: Moskau diskutierte im Herbst letzten Jahres über die Verabschiedung eines landesweiten Gesetzes, das ausländische Medienbeteiligungen auf 20 Prozent begrenzen sollte. Unabhängig davon berichtete der „Spiegel“ bereits im Jahre 2006, es habe in Russland in den vergangenen 14 Jahren 42 Journalistenmorde gegeben. Laut Angaben des Blattes lag das Land damit weltweit auf Platz drei der gefährlichsten Staaten für Reporter, nur noch übertroffen vom Irak und von Algerien. Präsident Wladimir Putin, seit 2012 und auch schon von 2000 bis 2008 im Amt, wird beschuldigt, regierungskritische Journalisten gezielt verfolgen und töten zu lassen. Als Symbol für diese Verfolgung gilt der (noch nicht vollständig aufgeklärte) Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja im Oktober 2006 in Moskau.

– Die Interviews unabhängig voneinander geführt-